Keine leichte Kost
Scharfzüngig, tiefgründig und manchmal auch ganz schön provokant: Der Satiriker Renato Kaiser forderte das Laufner Publikum mit diversen kontroversen Themen zum Nachdenken heraus. Unter anderem standen das Gendern, Abtreibungen oder Veganismus auf der Themenliste.

Vom Konzept her sei das Leben eine Zehn von Zehn. «Leben finde ich megageil», eröffnete der Satiriker und Comedian Renato Kaiser sein Gastspiel im Kulturzentrum Alts Schlachthuus am letzten Samstagabend mit einer guten Portion Philosophie. Dass das Leben manchmal auch kompliziert ist, zeigte er in seinen weiteren Ausführungen. Dabei hielt sich Kaiser bei der Themenwahl strikt an das Motto: Hauptsache kontrovers. Gendern, Abtreibung, Gewalt an Frauen oder Veganismus standen auf der Themenliste des Ostschweizers — wahrlich keine leichte Kost, und da und dort blieb einem tatsächlich das Lachen im Hals stecken. «Jeder nächtliche Heimweg ist für Frauen eine Nahtoderfahrung», so Kaiser. Er als Mann kenne das nicht und könne es auch gar nicht nachfühlen. Die meisten Gewaltopfer seien weiblich, so Kaiser, «aber was uns am meisten stresst, sind die Gendersternchen» — um gleich nahtlos zum nächsten Thema überzuleiten: «Männer erklären Abtreibungen doch nur zu Mord, um die Statistik aufzubessern.» Kaisers Seitenhiebe gingen in viele Richtungen. Ihr Fett abbekam etwa die katholische Kirche, deren Mitglieder «nicht gerade Experten sind, wenn es um Kinder geht». Sie würden — genau wie freikirchliche Institutionen — Abtreibung als Mord bezeichnen, hätten aber in den eigenen Reihen mit Missbrauch an Kindern zu kämpfen. «Was die Leute stört, sind aber ein paar Dragqueens, die Kindern Bücher vorlesen.» Solche Lesungen wurden in der Vergangenheit von rechtsextremen Kreisen sabotiert. Renato Kaiser hielt seinem Publikum sogleich den Spiegel vor: «Ich bin keine Frau, verkleide mich aber wie eine.» — «Ich bin kein Nazi, habe aber die gleiche Meinung wie einer.» — «Was ist schlimmer?», fragte Kaiser.
In der zweiten Hälfte seines Programms nahm sich der Comedian ausführlich dem Thema Veganismus an und balancierte gekonnt zwischen Selbstironie — schliesslich ist er selbst Veganer — und pointierter Kritik. «Vegane Existenzen zerstören könnt ihr am besten, indem ihr alle Veganer werdet — wir sind dann nicht mehr speziell.» Renato Kaisers Programm «Neu» ist ein wilder Ritt: gesellschaftskritisch, anspruchsvoll und temporeich mit vielen Themenwechseln und wenigen Verschnaufpausen. Wer an diesem Abend auf «leichte Kost» hoffte, wurde mit Sicherheit enttäuscht.


