Der (Fussball-)Stern von Bethlehem
Die Bernerin Désirée Blanco (vormals Grundbacher) zog der Liebe wegen in unsere Region, nach Büsserach. Als Fussballerin hätte sie eine grosse Karriere machen können. Die macht sie jetzt als Schiedsrichterin.

Die 42-jährige Bernerin sitzt auf einer Bank beim Fussballplatz in Röschenz, wird von allen ankommenden Zuschauenden des Spieles der ersten Mannschaft gegrüsst. Man kennt und schätzt die Frau von Trainer José Blanco. In Bern Bethlehem ging ihr Stern auf. Einen Steinwurf vom Fussballplatz zu Hause war der Ball stets im Fokus. Sie hatte Talent. «Ich wollte in den FC, aber weil wir etwas weit weg vom nächsten Fussballplatz wohnten und meine Eltern mir nicht erlaubten, alleine mit dem Bus zu fahren, dauerte es halt.» Mit zwölf Jahren war es dann so weit. Désirée war so gut, dass der Klub Gesuche stellte, damit sie mit 13 Jahren schon bei den Aktiven mittun dürfte. «Alle wurden abgelehnt.» Sie spielte dann mit den Jungs und konnte mit 14 Jahren zum FC Ostermundigen, zu den Frauen. Dann ging es schnell, denn Talent und Ehrgeiz blieben nicht verborgen. In Thun stieg sie in die NLA auf. Es folgten 2005 der Umzug nach Zürich und der Wechsel zu GC/Schwerzenbach. Zwei Saisons später flatterte auch das erste Aufgebot für das Nationalteam ins Haus. 13 Spiele bestritt sie für die Schweiz, erzielte ein Tor. Dann der überraschende Wechsel, von der Spielerin zur Schiedsrichterin. «Ich setzte sieben Jahre lang alles auf die Karte Fussball, hatte nichts anderes mehr im Kopf. Daneben arbeitete ich 100 Prozent bei der Post, ging direkt nach der Arbeit ins Training. Das wurde mir zu viel. Ich suchte eine neue Herausforderung, die aber mit Sport zu tun haben sollte.» Dabei lag ein Halbprofi-Vertrag bei GC bereit. «Zusammen mit zwei anderen Spielerinnen waren wir die Ersten, die 2008 einen Profivertrag bekamen.» Dennoch sagte sie ab. «Die spätere Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg wollte, dass die Nationalspielerinnen ins Ausland gehen. Das kam für mich nie infrage.»
Désirée Grundbacher, wie sie damals hiess, war auch als Schiedsrichterin ein Talent. «Ich hatte früher einen sturen Kopf, entschied manchmal auch impulsiv, das war nicht immer gut. Ich wurde erwachsen, bin aber mental so stark, dass ich mich bei den Männern behaupten kann.» Noch einmal stand der Weg an einer Gabelung. Entweder nur in der 3. Liga Spiele leiten und bei GC weiterspielen oder als Schiedsrichterin aufsteigen und Fussball beenden. Sie ging den Weg als Schiedsrichterin, bis in die Promotion League, von der sie sagt, das sei die Liga, wo sie am meisten profitierte. Nach der Geburt des zweiten Sohnes setzte sie voll auf die Karriere als Unparteiische. Mittlerweile arbeitet sie 50 Prozent bei einer grossen Versicherung in Basel und hat so auch Freiräume.
Vom Nordwestschweizer Fussballverband erhielt sie vor zwei Jahren die Auszeichnung als Schiedsrichterin der Saison. In diesem Sommer wurde sie für die Fussball-EM in der Schweiz aufgeboten und leitete die Begegnungen Belgien gegen Italien und Frankreich gegen Wales. «Das war für mich eine grandiose Sache. Da die Schweiz und Spanien — mein Mann und die Jungs haben spanische Pässe — noch in der K.-o.-Phase waren, gab es keinen weiteren Einsatz. Ich war aber zweimal noch als vierte Schiedsrichterin dabei.»
Ihren Mann José lernte sie auch durch den Fussball kennen, weil er ihr nach einem Spiel für die gute Leistung gratulierte. «Ich reagierte nie auf solche Schreiben. Dass ich eine Ausnahme machte, war wohl Fügung», lacht sie. Aktuell dreht sich bei den Blancos fast alles um Fussball. José trainiert Drittligist Röschenz, sie leitet Spiele und trainiert oft bei den Frauen des FC Breitenbach und ihr ältester Sohn spielt beim FC Bubendorf. «Am Esstisch ist Fussball dennoch kein Dauerthema. Klar schauen wir gegenseitig Spiele und reden auch darüber. Aber wir achten stets darauf, dass wir Zeit für das Familienleben haben. Zeit für uns und jeder für sich, das ist sehr wichtig.» 2027 findet die WM der Frauen in Brasilien statt. Ihre Augen glänzen, als sie das sagt. «Das wäre noch eine Sache, wenn ich da dabei sein könnte.» 2027 werde sie jedoch ihre Laufbahn als Schiedsrichterin beenden. «Das habe ich bereits bestimmt. Nur der Zeitpunkt ist noch offen.»