Fortuna spielt auf dem Akkordeon

Als der Akkordeonlehrer Roger Gisler vor elf Jahren seinen neuen Schüler Wladislaw Fortuna erstmals spielen hörte, ging ihm das Herz auf: «Ich wusste sofort, dass ich einen ungeschliffenen Diamanten vor mir hatte.»

Das musikalische Ausnahmetalent Wladislaw Fortuna zog als Kind von Neuchâtel nach Nuglar: Wenn er zum Akkordeon greift, verwandelt sich der «Geissacker» in eine Freilichtbühne.
Das musikalische Ausnahmetalent Wladislaw Fortuna zog als Kind von Neuchâtel nach Nuglar: Wenn er zum Akkordeon greift, verwandelt sich der «Geissacker» in eine Freilichtbühne.

 Inzwischen ist der Knabe mit den fliegenden Fingern 19 Jahre alt. Er spielt das Modeinstrument der 30er-Jahre wie ein Besessener. Musiker zu werden genügt ihm aber nicht.

«Ich möchte Arzt und Musiker sein», sagt der Orthopäden-Sohn aus Neuenburg, der als Primarschüler nach Nuglar zog. Er nennt beispielhaft für die Vereinbarkeit von Medizin und Musik auf höchstem Niveau einige Fälle von bekannten Ärzten, die zugleich professionelle Konzert-Pianisten sind. «Würde ich mich nicht für Medizin interessieren, würde ich sofort ein Konservatorium besuchen», erklärt er. «Aber um Arzt zu werden, muss ich eben auf die Universität.»

Diese Wahl nennt sein ehemaliger Lehrer ein Glück. Gerne gesteht Gisler, dass «Wladi» viel schneller spielen könne, als er selbst. «Er hätte problemlos Berufsmusiker werden können», urteilt er über den Jungen, der das Akkordeonspiel mit vier Jahren in einem Musik-Kindergarten erlernte. Wladis Technik sei brillant. Bei anderen Instrumenten würde ein solches Talent viele Türen öffnen.» Nicht so beim Akkordeon. «Entweder man unterrichtet oder startet eine Solo-Karriere.» Ein Engagement in einem Sinfonieorchester komme bei dem Handzuginstrument nicht infrage.
Der junge Fortuna ist sich trotzdem sicher, nicht nur Profi-Akkordeonspieler, sondern auch noch Arzt werden zu können. «Meine Familie hält das ebenfalls für möglich», betont er. Wie weit der Sohn einer gebürtigen Italienerin und eines gebürtigen Polen zumindest an den Tasten schon gekommen ist, zeigen seine Preise: Unter anderem holte er sich vor vier Jahren den ersten Rang beim «Coup Suisse de l’Accordéon» mit Auszeichnung. Hochtrabend klingt er dennoch nicht. Nur die Furcht vor einem Musiklehrer-Dasein mit Schülern, die um der Eltern willen zum Unterricht kommen, zeigt er offen. «Ich tauge einfach nicht zum Pädagogen», findet er und schwärmt trotzdem von seiner aktuellen Arbeit als Zivildienstleistender in einer Kita im Gebäude der Rudolf Steiner Schule Münchenstein. «Ich mache mit den Kindern jeden Tag Musik.»
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