«Den Lärm schlucken»

Mit dem zunehmenden Ausflugsverkehr spitzt sich in Gempen die Problematik zu. Der Kanton stellt eine Lärmreduktion in Aussicht.

Die Nerven liegen blank: «Freiwillig 30 km/h – wegen uns!» ist auf dem gelben Schild am Ortseingang zu lesen. Foto: Bea Asper
Die Nerven liegen blank: «Freiwillig 30 km/h – wegen uns!» ist auf dem gelben Schild am Ortseingang zu lesen. Foto: Bea Asper

An schönen Tagen sei es vorbei mit der Ruhe im idyllischen Gempen, beklagen sich Anwohner schon seit Jahren. Mit den Coronamassnahmen habe der Ausflugsverkehr nochmals deutlich zugenommen. Die Nerven liegen blank. «Am Sonntag hört man als Erstes den Harley-Klub durchs Dorf fahren, danach die Motoren von Sportwagen aufheulen und nimmt später unweigerlich die Spritztour des Oldtimerklubs wahr», lauten die Schilderungen.

Der Gemeinderat hat sich der Problematik angenommen, sagt Gemeindepräsidentin Eleonora Grimbichler. «Wir stehen in engem Kontakt mit der Polizei des Kantons Solothurn. Diese zeigt vermehrte Präsenz und greift durch gegen Fahrer, welche die Lärmschutzvorschriften und Verkehrsregeln missachten.» Es war auch schon zu einem Verkehrschaos gekommen. Die Polizei musste an einem besonders stark frequentierten Wochenende für die Verkehrsregelung die Feuerwehr aufbieten. Damit wurde in Gempen der Ruf nach «da muss doch etwas gemacht werden» nochmals lauter, bestätigt Grimbichler, gibt aber zu bedenken, «dass die Lösungen sprichwörtlich eben nicht einfach auf der Strasse liegen». Lösungsansätze würden derzeit erarbeitet werden von den Arbeitsgruppen «Räumliches Leitbild» und «Verkehr». Dabei kommt es aber auch zu einem Interessenskonflikt zwischen dem Ausflugsort Gempenturm, der Ausbaupläne verfolgt und den Bedürfnissen der Einwohner. «Das Thema Tourismus wird uns auf jeden Fall noch weiter begleiten», heisst es aus dem Gemeinderat.

Lärm stösst nicht auf taube Ohren

Die bereits seit Jahren zu vernehmenden Beschwerden wegen Lärm durch den zunehmenden Verkehr stiessen in Solothurn nicht auf taube Ohren. «Wir nahmen uns der Problematik an und legten bereits im Jahr 2019 ein Lärmsanierungsprojekt vor», sagt Rolf Müller vom Amt für Verkehr und Tiefbau des Kantons Solothurn, auf Anfrage. Dass der Flüsterbelag der neusten Generation bisher noch auf sich warten lässt, sei unter anderem auf Einsprachen zurückzuführen. «Einwohner hatten beim Verwaltungsgericht den Entscheid des Regierungsrates angefochten», hält Müller fest. Inzwischen ist dieser in Kraft, weil das Gericht aus formellen Gründen nicht auf die Beschwerden eingegangen ist. Der lärmdämmende Belag war von den ­Beschwerdeführern nicht bestritten ­worden. Man kämpfte für zusätzliche Massnahmen, insbesondere für die Einführung von Tempo 30 auf der Kantonsstrasse.

Die Hauptvorwürfe an den Kanton lauteten, dass er sein Sanierungsprojekt Lärmmessungen zugrunde lege, die ein falsches Bild vermitteln. So sei die effektive Lärmbelastung an den Wochenenden verharmlost worden durch Messungen an Tagen und Stunden mit wenig Verkehrsaufkommen, geht aus den Gerichtsakten hervor. Gemäss Müller hat sich der Kanton an die geltende Bundesverordnung gehalten und diese geht bei Lärmmessungen immer von einem Durchschnitt aus. «Unbestritten: Lärm ist subjektiv betrachtet, ein heikles Thema und die Einflussnahme auf Ausflugsverkehr ein schwieriges Unterfangen», räumt Müller ein. «Was die Problematik der zu lauten Fahrzeuge anbelangt, gibt es auf Bundesebene Bestrebungen, dies neu zu regeln. Im Moment gibt es keine Obergrenze, sondern es gilt die Typenzulassung.»

Auch für Forderungen nach temporären Fahrverboten sei die Politik zuständig, hält Müller fest. «Sicher ist hingegen, dass der Flüsterbelag eine enorme Verbesserung bringen wird.» Dabei erhalte die Kantonsstrasse durch Gempen die aktuell beste Variante. Die neue Technologie habe in Pilotprojekten deutlich bessere Resultate zum Vorschein gebracht als bisherige Varianten.

Der Unterschied liege in der Anordnung der Hohlräume im Innenleben des Belags. «Die Geräusche werden verschluckt», erklärt Müller und führt aus: «Das Feinkorn und der prozentual hohe Anteil des Hohlraumes absorbieren das Abrollgeräusch viel besser als ein normaler Belag. Da das Abrollgeräusch dominanter ist als das Motorengeräusch, lässt sich der Gesamtlärmpegel dementsprechend reduzieren. Wir erwarten eine Reduktion in der Grössenordnung von 6 bis 8 Dezibel, was einer Reduktion der Verkehrsmenge um 75 Prozent entspricht.» Der Einbau des Flüsterbelags sei geplant für Anfang 2022.

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