Wie Phönix aus der Asche

Der Architekt und Künstler Harry Schaffer setzt sich seit 30 Jahren mit der Beziehung zwischen Raum, Ort, Form, Material und Proportion auseinander. Sein neustes grosses Werk heisst «Rising Circles».

Stahl in der Landschaft: Seit kurzem ist das Kunstwerk «Rising Circles» von Harry Schaffer an einem Wanderweg ausserhalb von Arlesheim anzutreffen.  Foto: Thomas Brunnschweiler
Stahl in der Landschaft: Seit kurzem ist das Kunstwerk «Rising Circles» von Harry Schaffer an einem Wanderweg ausserhalb von Arlesheim anzutreffen. Foto: Thomas Brunnschweiler

Vielen ist der Skulpturengarten von Harry Schaffer bereits ein Begriff. Viele erinnern sich gern an sein Werk «Floating Cube», einem Kubus vollbesetzt mit Spiegeln, den er auf dem Mittleren Weiher in der Ermitage installiert hatte.

Wer dieser Tage vom Odilienweg her den Wanderweg Richtung Ermitage oder Gempen weitergeht, sieht rechter Hand seit kurzem sieben Kreissegmente aus der Wiese wachsen. Es handelt sich um «Rising Circles», eine temporäre Land-Art-Installation aus gerundeten Stahlprofilen von 80 × 50 Millimetern und einem Durchmesser von 150 Zentimetern. Die Installation nimmt eine Fläche von rund 6 auf 10 Meter ein und wiegt 600 Kilogramm. Die Rundungen entstanden bei einem Spezialisten in Leipzig. Das sind die trockenen Fakten, hinter denen sich mehr verbirgt.


Kunstform: Land-Art
Für diese Art Kunst, die in den USA erst als Earth-Works erfunden und später in Deutschland als Land-Art bezeichnet wurde, gelten eigene Kunstprinzipien. Die Werke sind nicht einfach museale Einzelskulpturen, die man nach draussen stellt. Solche gibt es in Arlesheim auch, etwa die «Demeter Erineys» von Albert Schilling bei der Trotte oder «Die Sinnende» von Hans Geissberger. Bei Land-Art geht es stets um den Einbezug von Raum, Landschaft und Betrachter. Der französische Schriftsteller Marcel Proust schrieb: «Die echte Reise der Entdeckung besteht nicht daraus, neue Landschaften zu suchen, sondern darin, neue Augen zu haben.» Land-Art spielt mit dem Kontrast von fester Form und leerem Raum. Zum Beispiel stellte Schaffer 2009 im Skulpturenpark Schönthal 13 einfache Holzrahmen auf, durch die die dahinterliegende Landschaft als idealtypischer Bildausschnitt erscheint.


Mythologisch, aber nicht esoterisch
Schaffer möchte nicht, dass man zu viel in seine Werke hineingeheimnisst. So ist für ihn die Siebenzahl der Ringe zufällig. Doch der Titel «Rising Circles» – aufsteigende Kreise – verweist auf ein mythologisches Urthema. Schaffer kam zuerst Phönix in den Sinn, der mythische Vogel, der verbrennt, um aus der Asche wieder neu zu erstehen. Die Redewendung «wie Phönix aus der Asche» steht «für etwas, das schon verloren geglaubt war, aber in neuem Glanz wieder erscheint.» In der Spätantike wurde Phönix zum Symbol der Unsterblichkeit und der Kraft zur Selbstregeneration. Kein Wunder, galt Phönix bei den Christen als Symbol der Auferstehung. So wie die alten Zivilisationen den Göttern opferten, damit die Sonne am nächsten Tage wieder aufgehe, so erzählt der Mythos des stillen Karsamstags vom Abstieg Christi in die Unterwelt. Erst in der Osternacht erschallt die Kunde von der Auferstehung. So ist «Rising Circles» in der Nacht der Corona-Krise aktueller denn je. Ein Stück Land-Art, das zur stillen Meditation einlädt über die Zeit des Wiederauftauchens von Zuversicht und Lebensfreude. Weitere Informationen unter: http://art-projects.ch/.

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