Qualität, Witz und Charme — aber nur wenige gehen hin
Einer handverlesen Schar Besuchender boten Florian Schneider und sein Ensemble während zwei Stunden beste Unterhaltung mit hoher Musikalität und witzigen Erzählungen aus dem Baselbiet.

Die Gastgeberin Marisa Hänggi begrüsste die Gäste am Freitagabend mit «S’Bistro nöis macht noise» in intimem Rahmen im Kulturzentrum Alts Schlachthuus. Florian Schneider, im Zuschauerraum ohne Nutzung der Bühne postiert, ergänzte augenzwinkernd, «es freue ihn wahnsinnig, vor so ausverkauften Häusern» aufzutreten. Schneider liess sich aber keine Enttäuschung anmerken, dass so wenige anwesend waren. Im Gegenteil, er überzeugte und begeisterte die nur rund 30 Besucherinnen und Besucher mit Witz, Humor, Charme, einer mächtigen Stimme und pointierten Geschichten aus der Oberbaselbieter Heimat. Wie heisst es so schön, «les absents ont toujours tort…».
Geboren 1959 und aufgewachsen in Liestal und Reigoldswil, besuchte Florian Schneider die Rudolf Steiner-Schule und absolvierte ein klassisches Gesangsstudium zum Opernsänger in Basel und Zürich. Es folgten Engagements in Deutschland und der Schweiz, in Musicals wie «Rocky Horror Show», «Jesus Christ Superstar» , «The Phantom of the Opera» und im Zirkus «Knie».
Schneider ist seit 1990 freischaffend, spielt Gitarre und Geige und interpretiert Balladen, Volkslieder, Pop- und Folksongs — auch in englischer Sprache. Er komponiert in prägnantem Dialekt vorgetragene Mundartsongs, sogenannte «Schangsons» und hat bereits fünf Alben herausgegeben. Einmal sei ein Gast aus Frankreich dagewesen und dieser habe ihm doch in einem selten frechen Akt kultureller Aneignung das Wort «Chansons» geklaut. Er trat und tritt als Schauspieler auf, schreibt Kolumnen in der «Volksstimme» Sissach und hat ein Buch mit ebendiesen Texten und den «Schangsons» verfasst. Er ist einer, der fast alles kann.
Schneider wurde in seinem Bühnenprogramm von ausgezeichneten Musikern begleitet: dem Pianisten Roman Bislin-Wild und dem überragenden Geiger und Gitarristen Adam Taubitz. Zwischen zwei Songs streute er witzige Geschichten aus dem oberen Baselbiet ein, beispielsweise vom «Muser Schang aus Reigoldschwil», einer Rolle, in der er seit Jahren in seiner Heimat als Schnitzelbank auftritt. Oder von seinem folgsamen Hund, der sich — gerade erst mit Gülle bekleckert — auf Herrchens Pfiff hin an einem Opel Kadett- Poser und Umweltverschmutzer rächte, der Motorenöl in freier Natur abliess, indem er sich auf dessen Autositzen wälzte. Auch Biografisches fand Platz, im «Alts chalts Hus» oder dem «Chirsilied». Oder er erzählte, wie er als vermeintlich gewiefter Antiquitätensammler und -händler von einem einfachen Bauern übertölpelt wurde. Auch politisch blieb er nicht stumm und erzählte von seiner Enttäuschung über das Nichtzustandekommen des Juraparks. Und heimgebracht von den vielen Reisen hatte er die Geschichte von heimatlosen Halbwüchsigen auf dem Weg der letzten Hoffnung, der gestorbenen Träume, «El camino de los sueños», zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten.
Im Wissen um die wenigen Anwesenden zählte er am Schluss in der Dankesrede diverse Stiftungen auf. Manche Anwesende dankten im Stillen dafür, dass erwähnte Gönner solche Abende erst ermöglichen.


