Viel Einigkeit im Kabelsalat

Eine Podiumsdiskussion zum Thema Kabelnetz hat wieder gezeigt: Geht es um Digitalisierung und Kommunikation, ist vieles noch Kaffeesatzlesen.

Podium (v. l.): Markus Huber (SP), Urs König (CVP), Bojan Stula, Marie-Therese Müller (BDP) und René Meier (GLP) beleuchteten das Thema Kabelnetz aus verschiedenen Blickwinkeln.  Foto: Caspar Reimer
Podium (v. l.): Markus Huber (SP), Urs König (CVP), Bojan Stula, Marie-Therese Müller (BDP) und René Meier (GLP) beleuchteten das Thema Kabelnetz aus verschiedenen Blickwinkeln. Foto: Caspar Reimer

Gehört es zu den Aufgaben einer Gemeinde, ein eigenes Kabelnetz für die Einwohnerinnen und Einwohner zu betreiben? Und hat das Kabelnetz in Zeiten von Smartphone, Netflix oder WhatsApp überhaupt noch Zukunft? Um diese Fragen drehte sich die Podiumsdiskussion am vergangenen Donnerstagabend im Reinacher Gemeindesaal, zu der die lokalen Mitteparteien BDP, CVP und GLP die interessierte Bevölkerung eingeladen hatten. Zeitlich passend sind seit Donnerstag die Ausschreibungen bezüglich eines neuen Providers für das InterGGA-Netz einerseits und dessen möglichen Verkauf andererseits, öffentlich. Vor dem Podium lieferte Pierre Alain Graf, ehemaliger CEO der Swissgrid, als Experte Informationen aus erster Hand. «Die Entwicklung im Bereich der digitalen Kommunikation erfolgt in rasantem Tempo», so Graf. Die Nachfrage nach einem herkömmlichen Grundangebot über Kabel sinkt in Reinach wie auch in der ganzen Schweiz stetig. Will die Gemeinde ihr eigenes Kabelnetz behalten, gehe dies nicht ohne grössere Investitionen: «Firmen wie Swisscom, die in den Gemeinden ihre eigenen Netze betreiben, rüsten auf 5G um. Das ist die Zukunft. Möchte die Gemeinde da mithalten, wird sie ihr Kabelnetz in ein Glasfasernetz umbauen müssen. Nur Glas ist in der Lage, die zunehmenden Datenmengen zu transportieren.» Wenn es ums Kabelnetz geht, müsse man deshalb langfristig denken: «Die Digitalisierung wird unsere Gesellschaft und Wirtschaft massiv verändern. Die Frage muss also sein: Was machen wir als Gemeinde, um an der Gesellschaft der Zukunft zu bauen?» Seit 1996 sinken die Einnahmen aus klassischer Telefonie bei Swisscom dramatisch. Nur noch 40 Prozent der Bürgerinnen und Bürger verfügen über einen Festnetzanschluss. Und: «Auch das klassische Fernsehen ist ein Auslaufmodell.»


Politisch steuern

Trotz dieser von Graf vorgebrachten Bedenken waren sich die Podiumsteilnehmer überraschend einig – das Kabelnetz sollte im Besitz der Gemeinde bleiben: «Wenn wir es an ein Unternehmen verkaufen, wird dort investiert, wo es sich für die Firma lohnt. Als Gemeinde dagegen haben wir weiterhin die Kontrolle und können die Entwicklung des Netzes mit Städteplanung und anderen Themen koordinieren», gab der ebenfalls fürs Podium eingeladene Einwohnerratspräsident Markus Huber (SP) zu bedenken. Auch ihm sei aber bewusst, dass dies nicht ohne Investitionen gehe. Marie-Therese Müller (BDP) und René Meier (GLP) sprachen sich ebenfalls gegen einen Verkauf aus: «Ein gutes Kabelnetz gehört zu einer attraktiven Gemeinde», so die Müller. Und: «Die Gemeinde handelt nicht primär gewinnorientiert.» Der Vertreter der CVP, Urs König, fügte bei: «Wenn wir es verkaufen, haben wir nichts mehr in den Händen.» Mangels Widerspruch im Podium schlüpfte Moderator Bojan Stula, stellvertretender Chefredaktor der Basellandschaftlichen Zeitung, in die Rolle der Opposition. Als solcher führte er die Vorteile eines Verkaufs an: Die Gemeinde würde Kosten sparen und könnte ein komplexes sowie politische heikles Thema von der Traktandenliste streichen. Denn tatsächlich wurde rund um die InterGGA in Reinach wie auch in anderen Gemeinden bereits viel Geschirr zerschlagen. So ist das nun laufende Submissionsverfahren bereits der zweite Anlauf, nachdem das erste mangels Kritik abgebrochen werden musste.


Aufwand bei Providerwechsel

Zum Schluss stellte Stula noch die Frage nach einem möglichen Wechsel des Providers. So eindeutig mochte sich dazu niemand äussern. Huber gab aber zu bedenken: «Wenn wir den Provider wechseln, ist auch dies mit einem gewissen Aufwand verbunden. Modem, Kabel oder E-Mail-Adressen müssen gewechselt werden.» Das Submissionsverfahren läuft noch bis zum 13. Dezember.

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