Verkehrte Welt an der Sekundarschule: Schulleitung sabotiert Abschlussstreich

Klassenlehrer, Hausdienst, Jugendhaus, Polizei und Feuerwehr – sie alle haben vom Abschlussstreich an der Sekundarschule im Vorfeld gewusst. Nicht aber die Schulleitung – und die fands gar nicht lustig.

Orchestrierte Nachtaktion: Die Sekundarschüler beim Aufbau der Bassin-Schnur-Installation. Die Stifte für die Scheiben-Graffitis waren vorgängig polizeilich untersucht und bewilligt worden.  Fotos: ZVG und Gemeindepolizei (Front)
Orchestrierte Nachtaktion: Die Sekundarschüler beim Aufbau der Bassin-Schnur-Installation. Die Stifte für die Scheiben-Graffitis waren vorgängig polizeilich untersucht und bewilligt worden. Fotos: ZVG und Gemeindepolizei (Front)

Susanne Bambey/Thomas Kramer

Die, die was Schlechtes machen, die werden nicht in Erinnerung bleiben, sondern die, die was Gutes machen.» Die Schülerinnen und Schüler der Klasse A4a haben diese Worte ihres Lehrers – und Gemeindepräsidenten – Karl-Heinz Zeller noch deutlich im Ohr. Für die Vertreter der drei Abschlussklassen an der Sekundarschule Arlesheim war deshalb schnell klar: Statt Schmierereien, verklebten Schlössern oder verstopften Toiletten – wie es in vielen Schulen in vielen Gemeinden immer wieder vorkommt – wollten sich die Schüler mit einer grossen Bassin-Schnur-Landschaft, als Hindernisse vor zwei Eingängen aufgebaut, von ihrer Schule verabschieden. Diese Installation sollte an der Sekundarschule noch lange in Erinnerung bleiben. Tatsächlich wird heute sogar im ganzen Dorf darüber geredet – aber nicht so, wie die Schüler es sich eigentlich vorgestellt hatten.

Intensive Vorbereitung
Doch der Reihe nach: Für ihr Vorhaben vertrauten sich die Schüler einem Klassenlehrer, dem Jugendhaus, dem Hausdienst, der Feuerwehr und den Eltern an. Auch Gemeindepolizist Stefan Fiechter, der zusammen mit einem Securitas-Team in den Nächten auf den letzten Donnerstag und Freitag das Schulhaus-Areal vor Vandalen beschützte, wusste im Voraus Bescheid. Die Schüler erstellten Zeit- und Baupläne, organisierten die Unterstützung durch die Eltern, sammelten Geld für fehlendes Material, berechneten mit der Feuerwehr den Wasserabfluss beim Abbau der Installation. Geplant wurde auch die Entsorgung der Materialien und die anschliessende Reinigung des Areals.

Feuerwehrkommandant füllte Becken
In der Nacht auf den letzten Schultag, den 4. Juli, bauten die Schüler unter Aufsicht des stellvertretenden Jugendhausleiters, der Securitas und der Gemeindepolizei die Installation auf. Mit abwaschbaren, von der Polizei geprüften Spezialstiften wurden die Scheiben des Gebäudes G2 beschrieben. Der Eingang zum Sekretariat wurde versperrt. Zum einen mit einem Dickicht aus Schnüren. Zum anderen mit einem «Sommerpool» – eine Beckenkonstruktionen aus verschraubtem Holz und Plastikblachen. Ein zweiter Pool, in der gleichen Art gebaut, versperrte am selben Gebäude den Eingang zur Cafeteria.

Um 5.30 Uhr, die Schüler waren unterdessen nicht mehr auf dem Areal, vollendete der Arleser Feuerwehrkommandant – und Vater eines Schülers der Abschlussklasse – das Werk: Er füllte die beiden Becken mit Wasser, wiederum unter den Augen von Gemeindepolizei und Securitas. Die Lehrer und jüngeren Schüler, die um 7.30 Uhr ins Gebäude wollten, sollten sich – so viel Streich sollte sein – nasse Strümpfe holen.

Doch so weit kam es gar nicht. Schon früh am Morgen betraten die beiden Co-Schulleiter Sabine Pfeifer und Simon Esslinger das Areal und liessen die Installation kurzerhand entfernen. «Das erste Becken wurde auf Anweisung der Schulleiterin weggeräumt, da eine Schülerin mit dem Rollstuhl diesen Weg nehmen musste», berichtet der leitende Hausabwart, Roland Baumgartner, gegenüber dem «Wochenblatt». Anschliessend wurde die Blache des zweiten Beckens von der Schulleiterin so umgelegt, dass das Wasser auslaufen konnte. Baumgartner stellte darauf die Beckenkonstruktion wieder her und bat Co-Schulleiter Simon Esslinger um Beistand und Verständnis. Ohne Erfolg: Die Co-Schulleiterin hatte bereits eine Schere zur Hand und schnitt die Blache kaputt. Das Wasser floss daraufhin unkontrolliert ab.

Riesige Enttäuschung
Als um 8.30 Uhr schliesslich die Abschlussklassen und deren Eltern zur Schlussfeier eintrafen, war die Enttäuschung riesig. «Das Schlimmste ist, dass wir alle unsere Installation nicht im fertigen Zustand sehen konnten!», ärgern sich die Schülerinnen und Schüler auch noch Tage später. «Wir haben uns so grosse Mühe gegeben und uns ganz fest gewünscht, dass alle die Installation sehen können – Schüler, Lehrer, Eltern.» Auch das Problem mit der Schülerin im Rollstuhl wäre lösbar gewesen. Man hätte sie über das Becken tragen oder – besser noch – einen der Seiteneingänge öffnen können.
Bitter auch: Die morgendlichen Abbauarbeiten beeinflussten die Schlussfeier. Die Kleinklasse konnte ihren Vortrag in der Aula nicht präsentieren, da keine Zeit mehr blieb, die benötigte Technik zu installieren und zu prüfen.

«Die Leichtigkeit hat in diesem Moment gefehlt»
Das «Wochenblatt» bat die Schulleitung nach dem Vorfall eine Stellungnahme zu den Ereignissen. Co-Schulleiterin Sabine Pfeifer war für die Redaktion leider nicht erreichbar. Am Dienstag stellte sich Co-Schulleiter Simon Esslinger den Fragen.

Wochenblatt: Warum hat die Schulleitung entschieden, die Installation abzubauen?

Simon Esslinger: Die Regel ist so: Seit sieben Jahren kommt die Schulleitung und die Hauswartung frühzeitig auf den Platz, um alles zurückzubauen. An diesem Morgen waren wir uns aber nicht einig. Der leitende Hausabwart sagte, wir sollen es stehen lassen, bis wenigstens die Kinder kommen.

Und trotzdem hat die Schulleitung die Installation abgebaut.
S. Esslinger: Wenn die Schüler der Abschlussklassen gewollt hätten, dass die Installation stehen bleibt, dann hätten sie uns einen Zettel hinmachen müssen mit dem Hinweis, dass sie die ganze Installation auch wieder zurückbauen.

Die Schüler haben ihren Streich von langer Hand vorbereitet, diverse offizielle Stellen miteinbezogen. Verstehen Sie die riesige Enttäuschung der Schülerschaft?
S. Esslinger: Für die Schüler habe ich Verständnis. Dass sich aber auch Eltern involvieren und die Feuerwehr letztendlich das Becken füllt, dafür habe ich kein Verständnis. Es hätte Sinn gemacht, auch die Schulleitung in diesen Streich miteinzubeziehen.

Was wäre in Ihren Augen denn ein gelungener Streich?
S. Esslinger: Wenn sich Schülerinnen und Schüler wirklichen kreativ verwirklicht und daran gearbeitet hätten. In diesem Fall wurde das Holz in einer Werkstatt zugesägt. Die physikalische Berechnung war keine Schülerleistung. Das ist auf zu hohem Niveau. Hier haben die Schüler zu wenig geleistet.

Hand aufs Herz, Herr Esslinger: Hat die Schulleitung hier überreagiert?
S. Esslinger: Die Reaktion war sicher auch durch die hohe Arbeitsbelastung, der die Schulleitung in den letzten Schulwochen ausgesetzt gewesen war, mit verursacht. Die Leichtigkeit hat in diesem Moment gefehlt.