Herrscher über hohe Geschwindigkeiten

Florian Baumann aus Reinach ist der Lokalmatador der Speed Model Car-Szene in der Rennklasse 3b. Mit ihm wird in Witterswil zu rechnen sein.

Auf der Rennbahn in Witterswil: Florian Baumann mit seinem selbst gebauten Speed Model Car 3,5 ccm.  Foto: Thomas Brunnschweiler
Auf der Rennbahn in Witterswil: Florian Baumann mit seinem selbst gebauten Speed Model Car 3,5 ccm. Foto: Thomas Brunnschweiler

Thomas Brunnschweiler

Seit 1951 gibt es in der Schweiz den Swiss Model Car Club (SMCC), dessen vereinseigener Rennplatz in Witterswil liegt. Wer von Biel-Benken Richtung Witterswil fährt, muss aufpassen, dass er das kleine Strässchen linkerhand nicht verpasst, das zum ehemaligen Gebäude des alten Flugfeldes führt. Hier haben sich die rund 20 aktiven Fahrer ihr kleines Reich aufgebaut, zu dem die Rundbahn mit einem Durchmesser von 20 Metern gehört. Speed-Automodelle sind gefesselte Modellautos, die Höchstgeschwindigkeiten bis über 340 km/h erreichen.

Ein Naturtalent
Der 32-jährige Maschinenbauzeichner Florian Baumann aus Reinach hatte zwar immer schon ein Flair für Mechanik und Physik, zur Speed-Model-Car-Szene stiess er aber erst relativ spät. «Ein Kollege drückte mir einen Flyer in die Hand, der mich auf den Sport aufmerksam machte», so Baumann. Von Fabian Schmutz erhielt Baumann ein altes Speed-Model-Gefährt. «Im ersten Jahr habe ich nur gepröbelt», sagt der bescheidene Aufsteiger in der Szene. Bereits 2011 erzielte er nämlich in der Rennklasse 3b mit 3,5 ccm beim GP Tell in Witterswil den 1. Platz. Ein Jahr später fuhr er auf der Rennstrecke in Monza mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 244,012 km/h den Schweizer Rekord. «Man gibt die Geschwindigkeit mit drei Stellen nach dem Komma an.»

Christian Schmutz, dessen beiden Söhne Fabian und Michael ebenfalls oft auf der Bahn in Witterswil zu sehen sind, sagt: «Florian ist eine unserer grössten Zukunftshoffnungen, hat er es doch innert kürzester Zeit mit einem Eigenbaufahrzeug an die Weltspitze geschafft.» Baumann stört es nicht, dass es bei den Rennen keine Preisgelder gibt. Umso mehr schätzt er die lockere, familiäre und von Auspuffgasen und Grillduft geprägte Stimmung der Speed-Model- Car-Anlässe. «Im Gegensatz zum Fahrer, der in einem Auto sitzt, verfällt man nicht einem Geschwindigkeitsrausch. Die Faszination geht davon aus, das System zu verstehen und zu optimieren.» Dabei gebe es einige Parameter, die es zu beachten gebe: die Räder, die Leichtgängigkeit der Teile, die Gemischeinstellung (80% Methanol, 20% Rizinusöl). Immerhin entwickeln die Zweitaktmotoren bis zu 45 000 Umdrehungen in der Minute.

Faszination Geschwindigkeit
Der Speed-Automodell-Rennsport entbehrt auch für Laien nicht einer gewissen Faszination. Die Fahrzeuge, die zwischen einem und drei Kilos wiegen, werden vom Fahrer aus dem Stand angeschoben. Der Horser, ein Helfer am zentralen Zenterpfosten, führt das Modell mithilfe eines Drahtes und schleudert es dann bis zu einer gewissen Geschwindigkeit. Dann beschleunigt sich der Motor selbst, bis der Fahrer das Zeichen zur Zeitmessung gibt, welche eine elektronische Tafel anzeigt. Abgebremst wird auf recht banale Weise. Mit einem Reisigbesen wird ein Abstellhebel zurückgelegt und damit ist die Brennstoffzufuhr unterbrochen.

Während der Phase der Zeitmessung entwickelt der Speed Model Car einen ohrenbetäubenden Lärm und ist von blossem Auge kaum mehr zu sehen. Die Witterswiler Bahn gilt als eine der schnellsten der Welt. Die Weltmeisterschaften werden aber zum ersten Mal hier ausgetragen. Mit 180 Fahrzeugen aus 19 Ländern am Start hat Witterswil bereits jetzt einen Weltrekord geschafft. Die Veranstalter rufen dazu auf, mit dem öV anzureisen. Zuschauer sind schon am 1.  August zum Training und zur Eröffnungszeremonie um 19 Uhr willkommen.