Ungewohnt: Nach der Finissage kam die Vernissage
Living Memory, die kunst-volle Ausstellung zur Erinnerung an die alte «Papiri», klang am letzten Freitagabend mit einer Finissage aus. Die Papierfabrik aber lebt in einem aussergewöhnlichen Buch weiter, das an der Vernissage vorgestellt wurde.

Normalerweise beendet eine Finissage eine Ausstellung, die mit einer mehr oder weniger schrillen Vernissage eröffnet worden war. Nicht so in Zwingen. Hier konnte Markus Jermann, Präsident des Schlossvereins Zwingen und OK-Präsident «Living Memory», nach einem gerafften Rückblick auf die Höhepunkte der «Living-Memory»-Ausstellung und einem weit gefassten Dank an all die Macher, Helfer, Vereine, Schulen, Behörden, das Organisationskomitee und selbstverständlich an all die grossherzigen Gönner und Sponsoren mit einem leicht tränenden Auge Abschied nehmen von der «Papiri» , gleichzeitig aber auch schon wieder das andere lachende Auge zeigen. «Ich bin glücklich, dass wir mit unserem brandneuen Buch über die Papierfabrik Zwingen das Buch von Walter Merz über die Geschichte des Schlosses Zwingen von 1311-1923 so passend ergänzen dürfen», freute sich Jermann auf die nachfolgende Buch-Vernissage.
Buch in ungewohnter Aufmachung
Den Lack (frz. vernis), mit dem einst die Künstler vor einer Eröffnung ihrer Ausstellung, der Vernissage, ihre Bilder schützten und zum Leuchten brachten, hatte Jermann allerdings nicht umzurühren. Eine diesmal verschleiernde Beschichtung hatten die drei Gestalter des Buches, Adriano Diethelm, Cosimo Wunderlin und David Zumbrunn, bereits auf dem Buchcover in etwas anderer Absicht appliziert. Um etwas Spannung auf das ungewönhnlich gestaltete Buch aufzubauen, in welchem die Leser die Seiten aufreissen müssen, um überhaupt an die zahlreichen einmaligen Fotos zu kommen. «Jedes Buch wird dadurch zum Unikat», lobte Marianne Wackernagel vom verlegenden Basler Schwabe Verlag die unkonventionelle Gestaltung durch die drei Studierenden der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW Basel. Diese hatten sich zusammen mit vier anderen Design-Teams unter der Leitung von Professorin Marion Fink mit dem Auftrag auseinandergesetzt, einen detaillierten Gestaltungsvorschlag für das Buch «Papierfabrik Zwingen» auszuarbeiten. Dass sie schliesslich durch eine Jury mit der Produktion betraut wurden, trug ihnen an der Vernissage zahlreiche Pfiffe, mächtigen Applaus und Bravo-Rufe ein. «Man muss das Buch leben, drehen und aufreissen, um es in eine permanente zu Papier gebrachte Ausstellung zu verwandeln», gab Fink den Vernissagebesuchern mit auf den Weg. «Unglaublich, dass diese Buchvernissage stattfindet», staunte Barbara van der Meulen immer wieder angesichts der aufgebauten Bücher. Sie hatte über ein Jahr lang als Dozentin und Kuratorin mit ihren Studierenden auf eine Ausstellung hingearbeitet, die erstaunlich viele Facetten des Sich-Erinnerns an die 2004 geschlossene Papierfabrik auftat. Jetzt lebt die «Papiri» wieder auf, zumindest auf 240 Buchseiten.