Siebers kühne Hof-Viehschau

1964 wurde sie gegründet, die Viehzuchtgenossenschaft Himmelried. Jetzt ist sie in Auflösung. Peter Sieber liess sich als letztes Mitglied die Jubiläumsviehschau zum 50. Geburtstag nicht nehmen und organisierte sie kühn im Alleingang.

Volle Kraft voraus: Die beiden Chefs vom Hof Unterackert Peter Sieber und Muni Adrian. Foto: Roland Bürki
Volle Kraft voraus: Die beiden Chefs vom Hof Unterackert Peter Sieber und Muni Adrian. Foto: Roland Bürki

Der schmuck herausgeputzte Hof Unterackert glänzt an diesem Samstagnachmittag in gastfreundlichem Sonnenlicht. «I bi dr Peter», begrüsst Landwirt Peter Sieber, seit 40 Jahren Pächter auf dem idyllisch gelegenen Hof Unterackert, jeden einzelnen Gast an «seiner» Viehschau. Sieber ist nämlich zusammen mit Tochter Silvia noch das einzige Mitglied der in Auflösung begriffenen Himmelrieder Viehzuchtgenossenschaft. Die andern Züchter hätten sich mangels Zeit «auf und davon gemacht», so Sieber, der gern «grad use» redet. Es werde aber wieder eine Genossenschaft geben. Siebers zahlreiche Helfer im kultigen Bauernhemd führen unterdessen seine 22 fein herausgeputzten Kühe, sieben Rinder und Stier «Adrian» der Reihe nach auf den Schauplatz. «Alle Tiere tragen noch ihre Hörner», stellt ein Wanderer aus Basel begeistert fest. Das entspricht ganz der Philosophie des umtriebigen Peter Sieber und seiner Familie, der erklärt: «Wir machen Natur, das ist gar nicht so schlecht, und wir nehmen uns Zeit für die Konsumenten. Was, wenn die Konsumenten sich nicht mehr Zeit für uns nehmen?»

Der Schauexperte in Aktion

Doch sie nehmen sich Zeit. Zeit für Siebers Viehschau. Zahlreich haben sie sich auf «Unterackert» eingefunden, die Kunden, Bekannten oder Leute aus der Umgebung und geniessen die Sonne, ein Bier mit Schinken und Kartoffelsalat oder die heimeligen Lieder des Jodelklubs Passwang aus Mümliswil, der vielstimmig verspricht: «Hütt jutzen i». Nein, Zeit zum Jutzen hat Schauexperte Beat von Felten aus Kestenholz nicht, der sich als Mitglied der Schaukommission des Solothurner Fleckviehzuchtverbandes die 30 Tiere der Reihe nach vorführen lässt.

«None e paar Schritt füre», fordert der Fachmann im Chüjermutz, bückt sich, schaut bei Sarah, Simone, Brunette sowie allen anderen Tieren mit Kennerblick hin und notiert sich seine Punkte für Typ, Fundament, Euter und Strich. Von Felten wickelt die Punktierung zügig ab und erklärt dem Publikum seine Wertungen.

«Miss Unterackert» bezaubert Publikum

Dieses hört gespannt zu, was der Experte zu Siebers Reinbestand an Simmentaler Kühen zu sagen hat, etwa: «Typstarke, tiefe Kuh, gute obere Linie und starkes Bein.» Und es applaudiert nicht nur den Tieren mit den höchsten Punktzahlen. «Es ist eine spezielle Viehschau hier», lobt Urs Kipfer, Präsident des Solothurner Fleckviehzuchtverbandes, die naturnahe Tierhaltung mit dem «richtigen Stier für die ganze Herde». Seine Glocke für die bestbewertete Kuh «Klara», will diese aber partout nicht tragen. Da hat Alfred Siegrist von Swissherdbook mit seiner Glocke für «Germaine», der Kuh mit der grössten Lebensleistung, mehr Glück.

Ausgerechnet der kleinsten Kuh «Erika» aber aus der berggängigen Walliser Evolène-Rasse winkt das grösste Glück: Das Publikum wählt sie zur viel beklatschten «Miss Unterackert». Sympathien wiegen eben manchmal schwerer als Masse und Milchleistung.