Schwarzbube taucht in «Belle Epoque» ein

Die Freude bei Kantons- und Gemeinderat Christian Thalmann ist riesig: Er darf im SRF-Filmprojekt «Anno 1914» einen Buchhalter von damals mimen.

So kennt man ihn: Christian Thalmann anno 2014. Wie wird er in der «Belle Epoque» aussehen?  Foto: Roland Bürki
So kennt man ihn: Christian Thalmann anno 2014. Wie wird er in der «Belle Epoque» aussehen? Foto: Roland Bürki

Hut, Mantel, Militärfahrrad und die Mappe mit dem Schwarzbubenkleber sind die ständigen Begleiter von Christian Thalmann (40). So kennt man ihn einfach im Bezirkshauptort, den Leiter Finanzen und Buchhalter der Bandfabrik, den gründlich analysierenden Finanzchef im Gemeinderat Breitenbach und den Kantonsrat, den es wöchentlich nach Solothurn ins kantonale Parlament zieht. Die Kirchgänger nehmen ihn als stimmgewaltigen Sänger des Kirchenchors Breitenbach wahr, während die dichten Zuschauerreihen an der Strassenfasnacht ihn doch nicht unbedingt hinter der Larve oder dieses Jahr gar hinter einer grausig geschminkten Totenfratze vermuten. Thalmann, der in Breitenbach verwurzelt ist, bodenständigen Schwarzbubendialekt spricht und im Apéroverein am Schmutzigen Donnerstag einmal im Jahr das Fest des Apéro feiert, sagt von sich: «Ich bin ein Nostalgiker, der nicht einfach im Mainstream mitschwimmt.» Ein Auto besitzt er nicht, da sind ihm die Fahrten mit Militärvelo und obligatem Hut viel zu lieb, genauso wie seine alte Hermes-Schreibmaschine, auf die der nur vordergründig zahlenorientierte Finanzfachmann geistreiche, witzige Passagen etwa für eine Ansprache hineinhackt. Und blickt man im Entree zu seinem Büro in der Bandfabrik auf das wunderbare Biedermeiersofa mit dem klassischen Stehpult, kann man Thalmanns Passion für die Zeit vor 100 oder 200 Jahren durchaus nachvollziehen, wenn er kommentiert: «Damals trugen alle Hüte und die Buchhalter noch Ärmelschoner».

Riesige Vorfreude auf die «gute alte Zeit»
Dass Christian Thalmann bald einmal vielleicht auch an einem Stehpult stehen wird, ist purer Zufall. Eine «Schweiz aktuell»-Sendung, die Protagonisten für die SRF-Zeitreise «Anno 1914: Leben wie vor hundert Jahren» suchte, packte den Nostalgiker derart stark, dass er sich spontan um die Rolle des Buchhalters in der Weberei Grünthal im Zürcher Oberland bewarb. «Als Leiter Finanzen der Bandfabrik Breitenbach in einer Region, wo früher die Posamenterei mit ihren wunderbaren ‹Syydebändel› heimisch war, und als gelernter Buchhalter elektrisierte mich das Fernsehprojekt förmlich», erklärt Thalmann seine Motivation. «Dass ich es aus der Schar der 60 letztlich zum Casting eingeladenen Männer, Frauen und Jugendlichen in die Traumrolle als Buchhalter geschafft habe, erfüllt mich mit riesiger Freude», bekennt der notabene einzige Darsteller aus der Nordwestschweiz. Man habe beim Casting seinen Dialekt als «witzig» empfunden; mit dieser Chance hoffe er, das immer wieder beklagte «Medienloch Schwarzbubenland» etwas auffüllen zu helfen. Die Vorfreude auf die Dreharbeiten ist ihm jedenfalls trotz der breiten Hutkrempe ins Gesicht geschrieben: «Dafür lasse ich mir Haare und Oberlippenbart wachsen und nehme noch so gerne zwei Wochen Ferien.»

Ausgestrahlt wird «Anno 1914» ab 4. August auf SRF 1 im Anschluss an die verkürzte Sendung «Schweiz aktuell» um 19.10 Uhr.