Magie des Kaffeeröstens
Der Engländer Brian Lambert und die Halbperserin Shirin Moayyad betreiben in der ehemaligen «Papiermühli» in Zwingen eine eigene Rösterei. Mit Bohnensorten aus acht Ländern und ihren beiden eigenen Mischungen produzieren die beiden Geschäftspartner von Hand frischen und aromatischen Kaffee. Der Business Parc hat sie bei der Gründung von «Brit & Bean» unterstützt.

Shirin Moayyad schüttet andächtig ein Kilo grüne äthiopische Kaffeebohnen in den Behälter der Maschine. Dort werden sie bei rund 200 Grad Celsius bis zu zehn Minuten geröstet. Nach einer Weile kräuselt es wie beim Popcorn Produzieren. Zwischenzeitlich duftet es auch so, dann wie gebrannter Reis. «Sorten aus Sumatra und Sulawesi riechen zu Beginn sogar wie schmutzige Socken», schmunzelt die erfahrene Röst-Expertin. Im Sekundentakt entnimmt sie ein Schäufelchen Bohnen und kontrolliert Zustand, Farbe und Textur.
Hören, was die Bohne sagt
«Um das volle Aroma zu entfalten, muss die Oberfläche möglichst braun und glatt sein», erklärt sie. Shirin setzt beim Rösten alle Sinne ein. Es gibt kein Standardvorgehen: «Ich tue, was die Bohne mir sagt, und die Maschine folgt mir dabei». Das ist wie Alchemie. Etwas Magisches. «Schon der Geruch der frischen grünen Bohnen macht mich ganz high», schwärmt sie.
Kaum ist eine Charge fertig, kommt ihr Geschäftspartner Brian Lambert angeflitzt und übernimmt die dampfenden Bohnen. Am Nebentisch macht er einen Qualitäts-Check, verpackt je 250 Gramm und etikettiert sie. Das Logo auf rotem Banner entstammt einem Scherenschnitt. Es besteht aus einem Herz und dem Schriftzug «Brit & Bean» sowie einer Bohne darin. Die hier eingesetzte traditionelle Decoupage-Technik symbolisiert auf kreative Weise die tiefe Verbundenheit der Beiden mit der Schweiz.
Kein bisschen bitter
«Wir wollen eine köstliche Erfahrung verschaffen: qualitativer Kaffee, der jedem schmeckt und zugleich für alle erschwinglich ist», heisst ihre Devise. Und tatsächlich schmeckt der aromatische äthiopische Kaffee beim Verkosten selbst ohne Milch und Zucker kein bisschen bitter. Von Papua-Neuguinea über Kenia bis Indonesien wählen die beiden Röster aus acht Ländern nur die besten Kaffeebauern mit den feinsten Sorten aus. Zusätzlich stellen sie zwei eigene Mischungen bereit. Stets frisch muss dieser sein: Deshalb produzieren sie nicht auf Vorrat, sondern wöchentlich gerade so viel, wie bestellt wurde, und liefern innert 48 Stunden.
Fans aus aller Welt
An den Wochenenden vertreiben sie ihre Röstmischungen an den Märkten – von Basel über Laufen bis nach Genf – und nehmen an Expat-Expos teil. Neben Privaten, darunter treue Fans, gehören einige Geschäfte zu ihrem internationalen Kundenstamm. Als nächstes peilen sie gezielt Firmen mit Cafeteria für die Mitarbeitenden, Cafés, Restaurants und andere gastronomische Einrichtungen im In- und Ausland an.
Ob Logistik, Produktion oder dreisprachiger Webauftritt samt e-Shop – alles machen und bewirtschaften die beiden ehemaligen Manager selbst. Sie sind sich dabei auch nicht zu schade, den Boden zu putzen. Erst seit vier Monaten am Start wissen sie: Es braucht viel Zeit und Geduld, bis das Geschäft so richtig in Schwung kommt. Um sich bekannter zu machen, kurbeln sie entsprechend ihre Marketing-Aktivitäten an.
Von Singapur in die Schweiz
Doch wie kamen der Engländer und die in den Staaten aufgewachsenen Deutschperserin überhaupt auf die Idee, zusammen in der Schweiz eine Kaffeerösterei zu betreiben? Shirin (in Deutsch «süss») verfiel dem Duft von Kaffee bereits in der Kindheit. Sie hat ihr Handwerk von der Pike auf gelernt, leitete auf einer 30 Hektar grossen Kaffeefarm in Papua-Neuguinea eine Rösterei, arbeitete als Rösterin und Einkäuferin einer Spezialitäten-Kaffeekette in Singapur, wo sie der Frau von Brian Lambert begegnete, und danach als Kaffeeeinkäuferin in Kalifornien.
Brian war damals als Manager für einen weltweit tätigen Chemiekonzern unterwegs. Das Ehepaar wanderte schliesslich in die Schweiz aus, Shirin folgte ihnen später und schloss Land und Landschaft sofort ins Herz: Hier findet sie es ganz «entzückend» und war zunächst als Kaffee-Expertin bei Nespresso angestellt.
Brian – der vermeintlich Tee trinkende Brite – lernte durch Shirin die wahre Liebe zum Kaffee kennen und ging bei ihr sozusagen in die Lehre: Dabei entdeckte der studierte Chemiker, der bisher auf Bohrinseln mit Schwermaschinen gearbeitet hatte, seine Leidenschaft für die feingliedrigen Röstmaschinen. Hier öffnete sich ihm ein neues interessantes Geschäftsfeld. Schliesslich beschlossen beide, ihren eigenen Kaffeevertrieb samt Rösterei aufzubauen.
Hilfe beim Businessplan
Beim Business Parc in Reinach bekamen sie eine kostenlose Gründungsberatung und erarbeiteten zusammen mit ihrem Coach einen umfassenden Business Plan. (Brians Frau war hier bereits mit ihrer Innen-Design-Beratungsfirma erfolgreich in die Selbständigkeit begleitet worden.)
Auf dem Industriegelände der ehemaligen Papiermühle («alti Papiri») in Zwingen hat sich das Power-Duo in einer Fabrikhalle eingerichtet, die Maschinen und Geräte selbst finanziert. Das Umfeld ist optimal: So fällt genügend Licht durch die hohen Fenster. Zudem haben sie den nötigen baulichen Freiraum, konnten z.B. ihre eigenen Wände hochziehen. Auch bei der Miete ist ihnen der neue Eigentümer des Gewerbe-Areals entgegengekommen.
Keine Bohne wie die andere
Bis der Kaffee in der Tasse landet, hat er einige Produktionsschritte und Transportwege hinter sich. «Entsprechend viele Möglichkeiten gibt es zur individuellen geschmacklichen Entfaltung», betont Shirin. Keine Bohne gleicht der anderen. Beispielsweise ist der Reifegrad der Pflanze bzw. Frucht entscheidend für die Verarbeitung und für den späteren Säuregehalt. Das Aroma hängt bereits von der Sonneneinwirkung und Feuchtigkeit des Landes ab, in dem die Bohnen wachsen, von der Beschaffenheit der Erde, den Erntetechniken der Kaffeebauern und vielen weiteren Faktoren.
Genauso wichtig sind später die Licht- und Temperaturverhältnisse des Raumes, indem sie geröstet werden. Dabei gilt es, die unterschiedliche Dichte und Grösse zu berücksichtigen. Weiter prägen die Zubereitung in einer Espresso-Maschine oder gemahlen und mit Filterpapier gekocht den Geschmack des Kaffees.