Liebe auf den ersten Schlag
Veronica Haber (36) gibt als Vorstandsmitglied des TC Laufen Tennisunterricht. In Russland geboren, in Finnland die Tenniskarriere zur Kaderspielerin aktiviert und in der Schweiz als Spielerin und Trainerin an verschiedenen Orten gewirkt, hat sie in Laufen das Glück gefunden.

«Kleinen Kindern von vier bis sechs Jahren Tennis auf spielerische Art zu vermitteln, ist eines meiner Projekte. Dafür hatte ich mich bereits mit 14 Jahren in Finnland ausbilden lassen. Über allem aber steht, dass wir die Kinder nie zwingen, etwas zu machen. Der Spieltrieb steckt in allen und wieso den nicht mit Tennis, Eishockey oder Fussball ausleben?»
Veronica Haber hat eine spannende Zeit hinter sich. Geboren ist sie in Russland, wo sie acht Jahre ihres Lebens verbrachte. Ihre Mutter, Russin und Finnin, der Vater Russe und Pole, hatten zu Zeiten der Sowjetunion ein privilegiertes Leben. «Meine Mutter war Dozentin an der Uni, mein Vater Ingenieur bei der Eisenbahn. Uns ging es gut.» 1991 brach das alte Regime zusammen. «Plötzlich war alles anders. Wir brauchten Marken für Lebensmittel und die Zukunft war unsicher. Deshalb zogen wir nach Finnland.» Veronica ging in Turku in die 2. Klasse. «Das war nicht ganz einfach. Ich konnte die Sprache noch nicht sprechen und als Russin warst du damals auch nicht gerade sehr beliebt.» Ihre Mutter führte sie von einer Sportart zur anderen. «Sicher war ich polysportiv begabt, aber ich denke, der Grund dafür war auch, dass ich schon fast hyperaktiv war. Meine Eltern hofften, dass ich auf diese Weise abends müde sein würde», lacht Veronica. Sie machte Karate, Leichtathletik, ging rudern, tauchen, spielte Ringette und Basketball. Mit zwölf Jahren entdeckte sie dann Tennis. «Man kann schon sagen: Es war Liebe auf den ersten Schlag! Sechs Monate später ging ich bereits an Turniere. Die Technik war noch lange nicht so, wie sie hätte sein müssen, aber ich hatte einen enormen Willen.» In Turku absolvierte Haber vier Jahre das Sportgymnasium, hatte 20 Stunden Training pro Woche und Turniere. «Ich verzichtete auf alles, was Teenager in dem Alter machen, denn ich glaubte damals fest daran, dass ich einmal eine erfolgreiche Tennisspielerin sein würde.» Einer ihrer damaligen Schulkollegen war Lauri Korpikoski. Er machte als Eishockeyspieler Karriere in der NHL und spielte auch bei den ZSC Lions in der Schweiz. Jetzt kehrte er zurück, ist Captain bei TPS Turku — eine Rückkehr, die für Veronica nicht infrage kommt.
Sie nimmt einen Schluck Kaffee, schaut auf den Tennisplatz und meint: «Wenn ich zurückdenke, war es gar nicht möglich, eine Tenniskarriere zu machen. Ich habe zu spät begonnen. Ich war etwas naiv, aber eine solche Einstellung ist nötig, um überhaupt etwas zu erreichen.» Mit 17 Jahren, als eine der Top-Nachwuchsspielerinnen Finnlands, befand sie sich nahe am Durchbruch. «Ich wollte mich unbedingt in Key Biscayne für das Orange-Bowl-Junior-Turnier qualifizieren. Ich rief jede Minute die Teilnehmerliste ab, fand aber meinen Namen einfach nicht. Da wurde mir klar: Das wars, Vero. Als ich dann über die Anlage schlenderte und die vielen jungen Mädchen sah, die richtige ‹Maschinen› waren, fühlte ich mich plötzlich ganz klein. Ich resignierte. Nach einem Jahr vermisste ich Tennis aber und begann wieder zu trainieren.» Die deutsche Sprache hatte es ihr angetan und deshalb wollte sie ihr Leben nach Deutschland verlegen. Gelandet ist sie aber in Luzern, wo sie an die Uni ging. «Ich spielte neben dem Studium mit 19 Jahren beim TC Lido und gab Unterricht für Erwachsene.» Sie machte den Bachelor in Luzern, die Masterarbeit in Fribourg und Lausanne. Dort veränderte sich ihr privates Umfeld.
Der Sänger der finnischen Rockgruppe Sunrise Avenue heisst Samu Haber. Veronica wird immer wieder darauf angesprochen, ob sie als Finnin mit demselben Namen etwas mit Samu zu tun habe. Sie lacht herzhaft. «Den Namen Haber verdanke ich der Heirat mit Julien und der ist Luxemburger.» Julien, der damals in Lausanne den Doktor als Chemieingenieur machte, passe perfekt in ihr Leben. Veronica wollte zurück in die Deutschschweiz und arbeitet jetzt seit acht Jahren in Basel. Julien fand ebenfalls eine Anstellung und so schlugen sie in Basel ihre Zelte auf. «Wie wir damals tickten, ist auch daran zu sehen, wo wir damals in Basel wohnten — in der Steinenvorstadt, im Haus oberhalb des Kino Rex. Als unser Sohn Fiodor jedoch auf die Welt kam und herumzukrabbeln begann, bekamen wir Bedenken, denn auf der Strasse lagen oft zerbrochene Bierflaschen. Also machten wir uns auf die Suche nach einem Haus auf dem Lande. Es musste ruhig sein, es musste einen Tennisplatz und einen Eishockeyklub haben und die Möglichkeit, Golf zu spielen. Als ich den Tennisplatz in Laufen sah, hatte ich dasselbe Gefühl wie damals, als ich erstmals einen Tennisschläger in der Hand hatte.»