Gemeindesegen hängt schief

Auf einen politischen Krach folgten eine Reihe von Kündigungen.

Noch bevor der neue Gemeinderat von Seewen die Halbzeit seiner Amtsperiode erreicht hat, kommt es zum Rücktritt von Walter Jäggi. Der Landwirt hatte bereits bei der Nominierung mit dem Widerstand der FDP-Leitung zu kämpfen und musste sich auf einer separaten Liste zur Wahl stellen, wobei er sich über ein Glanz- resultat freuen durfte. Jetzt sieht er sich veranlasst, den Hut zu nehmen. Er bestätigt auf Anfrage des Wochenblatts seine Demission, möchte die Vorfälle aber nicht kommentieren.

Der Redaktion liegen Dokumente vor, aus denen hervorgeht, dass Jäggi die Gemeinderatskollegen mit dem Vorwurf der Vetternwirtschaft konfrontiert hatte und sich anschliessend vom Informa- tionsfluss der Exekutive ausgeschlossen fühlte. Er soll zu einer Sitzung nicht eingeladen worden sein, und einmal sei die Sitzung gegen seinen Willen vorzeitig beendet worden. Es kam zu Schuldzuweisungen, unter anderem wegen des Umgangs mit der Ausstandspflicht.

Ab wann gilt die Ausstandspflicht?

Der Gemeindepräsident warf Jäggi Pflichtverletzung vor, weil er auf die schriftliche Anfrage, die Kontaktdaten des Ersatzgemeinderates zu melden, nicht reagierte. Und Jäggi erhob den Vorwurf, ausgeschlossen worden zu sein – wie aus einem Schreiben hervorgeht, das an verschiedene Empfänger im Dorf, aber auch an das Amt für Gemeinden in Solothurn ging.

Dort nachgefragt, erklärt Reto Bähler: «Wenn ein Behördenmitglied oder dessen Ehefrau an einer zu behandelnden Angelegenheit ein persönliches oder materielles Interesse besitzt, hat dieses in den Ausstand zu treten. In den Ausstand treten bedeutet aber nicht, dass man keine Informationen zu dem Geschäft erhält. Es bedeutet, dass das betroffene Behördenmitglied beim betroffenen Traktandum nicht mitstimmen darf und das Sitzungslokal ab Beginn des Traktandums zu verlassen hat.»

Sei ein Behördenmitglied verhindert, an der Sitzung teilzunehmen, sorge es dafür, dass rechtzeitig das Ersatzmitglied eingeladen wird. «Dies ist in der Praxis wie folgt zu handhaben: Ist ein Mitglied verhindert, teilt es dies dem Gemeindepräsidenten mit. Dieser hat dafür zu sorgen, dass ein Ersatzmitglied der entsprechenden Liste eingeladen wird», führt Bähler aus.

Es ging um Land

Hintergrund des Streits ist die Frage der Ausstandspflicht für Bewirtschafter von Land. Der neue Gemeinderat war zu Beginn seiner Amtsperiode gefordert, den Streit seiner Vorgänger mit Landwirten zu schlichten. Zum einen ging es um das Pachtreglement, zum andern um die Vergabe von Pachtland. Dazu gibt Gemeindepräsident Simon Esslinger jetzt bekannt, dass die Landwirte im Beschwerdeverfahren gegen die Gemeinde von Solothurn Recht bekommen haben: «Der damalige Antrag aus der Gemeindeversammlung, wonach Landabtausch möglich sein soll, war vom Gemeinderat bei der Ausformulierung nicht richtig aufgenommen worden. Das Pachtreglement muss nun nochmals überarbeitet werden.»

Zufällige Häufung von Kündigungen

Ein Beschwerdeverfahren eines Landwirtes bezüglich der Vergabe von Pachtland sei noch hängig, so Esslinger. In dieser Angelegenheit war Walter Jäggi vorgeworfen worden, seine Ausstandspflicht verletzt zu haben. Und nun stand wieder eine Landvergabe an und im Gemeinderat krachte es. Er werde sich hüten, dies zu kommentieren, macht Esslinger klar: «Es geht nicht um die Sache, sondern um Persönliches.»

Gleichzeitig kommt es nun auch zu einer zufälligen Anreihung von Neube- setzungen. Gemeindeschreiber Andreas Schaerer wie auch der Gemeindearbeiter Daniel Meier haben ihre Kündigung eingereicht, während der Gemeinderat ein Bewerbungsverfahren am Laufen hat zur Besetzung der neu geschaffenen Bauverwaltung. Wie die Stellen besetzt werden, wird die Zukunft zeigen. Esslinger meint, dass die Gemeinden im Dorneckberg die Chancen nutzen könnten, die begonnene Zusammenarbeit auszubauen. Doch das letzte Wort dazu habe das Volk, möglicherweise im März an einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung oder sonst im Juni.