Pedro Lenz fährt ein

Grosse Bühne: Pedro Lenz sorgte mit Evelyn und Kristina Brunner für ein tobendes Publikum. Foto: Caspar Reimer
Unter dem Titel «Hert am Sound» trug Pedro Lenz am Freitag Mundartgedichte vor – begleitet von Evelyn und Kristina Brunner auf dem Schwyzerörgeli.
Von: Caspar Reimer
«Immer immer fahre fahre und fahre und fahre / mis Läbe isch fahre / und mängisch fahrts mer ii.» Melancholischer Sound, Worte und Sätze im Rausch wie ein fahrender Zug, poetische Verdichtung und immer wieder überraschender, aber auch rührender Alltagswitz – diese Kombination beherrscht Pedro Lenz, wie er am vergangenen Freitagabend im reformierten Kirchgemeindehaus zu Arlesheim wieder zeigte. Die Gemeindebibliothek Arlesheim, die in diesem Jahr ihr 80-jähriges Bestehen feiert, hatte ihn eingeladen und bescherte sich damit ein volles Haus.
Dabei hielt der Mundartdichter konstant hohes Niveau, rutschte nie in triviale Schenkelklopfer ab und schaffte es trotzdem, dass sich – je länger er auf der Bühne stand und seine Texte zum Besten gab – das Publikum vor Lachen krümmte. So geschehen, wenn er in breitem Berndeutsch über das tagein, tagaus aufgestellte Radioprogramm, den tagein, tagaus aufgestellten Moderator und die tagein, tagaus aufgestellte Musik lamentierte, die täglich das Schweizer Volk berieselt, stündlich unterbrochen von Nachrichten, einem Interview mit dem Ernährungsberater oder einer Werbung für Möbel Hubacher.
Oder wenn er darüber sinnierte, dass es «zwar schnäll gseit isch, i wott gschwind Gschweuti mache, aber denn doch immer chli lenger geit». Pedro Lenz kennt die Schweiz und hat zu jedem noch so unbedeutend scheinenden Detail etwas zu sagen. Deutlich wurde das am Wortreichtum, mit dem er seine Zugfahrten durch die Schweiz, vorzugsweise durchs Mittelland, beschrieb.
Dem Programm «Hert am Sound», dessen Titel der Seglersprache – «Hart am Wind» – entnommen ist, liegt der gleichnamige, fast 200 Seiten starke Band mit Sprechgedichten von Pedro Lenz zugrunde. Die Präsentation seiner Sprechgedichte bestritt der Schriftsteller zusammen mit dem Geschwisterpaar Evelyn und Kristina Brunner. Die Musikerinnen sind für ihre aussergewöhnlichen Darbietungen mit Schwyzerörgeli, Cello und Kontrabass sowie einer Mischung aus Jazz, Volks- und Weltmusik über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt. Die Hingabe, mit der sich die beiden Frauen ihrer Musik widmeten, griff aufs Publikum über und sorgte jeweils für begeisterten Applaus, wenn das Duo eine Soloeinlage hinlegte.
Harmonie von Text und Musik
Musik und Text konkurrenzierten an dem Abend nicht, sondern ergaben ein harmonisches Ganzes, was den Anlass auch für Menschen, die ansonsten mit Lesungen nicht viel anzufangen wissen, zu einem bleibenden Erlebnis machte. Dabei verriet Lenz auch auf poetische Weise, was sein Rezept ist: «Lufthole / und öppis us der Luft usehole.» Lenz machte sich zudem sympathisch, wenn er am Schluss der Darbietung in aller Bescheidenheit sagte: Es sei gut, dass der Abend jetzt vorbei sei. Und: «Wer möchte, kann sich im Anschluss noch eine Signatur holen.»
Neben Mundartgedichten und seinem bisher bekanntesten Roman «Der Goalie bin ig», der in verschiedene Sprachen übersetzt und zudem fürs Kino verfilmt wurde, schreibt Lenz Kolumnen für verschiedene Zeitungen von der Wochenzeitung WOZ bis zur NZZ. Weiter hat er Texte für Theatergruppen und für das Schweizer Radio SRF verfasst. Evelyn und Kristina Brunner nehmen an Festivals im In- und Ausland teil, begleiten neben Pedro Lenz auch Schriftsteller wie Lukas Bärfuss und Franz Hohler. Zudem spielten sie schon im Auftrag der Schweizer Botschaft.