Sternstunde der Wahrhaftigkeit

Das Konzert vom 10. Mai im Kulturzentrum Alts Schlachthuus kann als denkwürdig bezeichnet werden. Gidon Kremer, Marie-Elisabeth Hecker und Lucas Debargue brillierten mit Weinberg und Schostakowitsch.

Drei Künstler, die sich musikalisch in nichts nachstehen: Lucas Debargue, Gidon Kremer und Marie-Elisabeth Hecker. Foto: Thomas Brunnschweiler
Drei Künstler, die sich musikalisch in nichts nachstehen: Lucas Debargue, Gidon Kremer und Marie-Elisabeth Hecker. Foto: Thomas Brunnschweiler

Klassikfreunde mussten sich die Namen der drei Interpreten auf der Zunge zergehen lassen. «Kammerkonzerte Laufen» brachte Weltklassemusiker zusammen, die in Städten spielend Konzertsäle gefüllt hätten. Der Besuch in Laufen war eher verhalten, vielleicht weil Weinberg und Schostakowitsch auf jene abschreckend wirkten, die Klassik mit dem Wohlklang von Mozart verbinden. Tatsächlich sind Gebrochenheit und Disharmonie der modernen Musik Ausdruck eines Säkulums, dessen Elend buchstäblich nicht mehr zu überspielen war. Mutig und der Wahrhaftigkeit verpflichtet war also die Programmwahl von Gidon Kremer.

Gelungene Transkription

Kremer, der vor kurzem seinen 70. Geburtstag feiern konnte, hat 8 der ins- gesamt 24 Präludien für Cello von Mieczislaw Weinberg (1919–1996) für Violine transkribiert. In den teils kantig-sperrigen, teils lyrisch-melodiösen Stücken konnte der Altmeister alle Möglichkeiten seines Instruments in Perfektion vorführen. Kremer wirkte dabei präsent und unprätentiös, interpretierte subtil mit seinem unverkennbaren Strich und eleganten Phrasierungen. Stets brachte er die nervöse Chromatik und die Rhythmik Weinbergs kongenial zum Ausdruck. Das 1968 komponierte Werk reflektiert die schmerzlichen Lebenserfahrungen des sowjetischen Komponisten. Die Violinsonate op. 134 von Dmitrij Schostakowitsch wurde von David Oistrach und Swjatoslaw Richter uraufgeführt. Ähnlich prominent war die Konstellation Kremer/Debargue. Letzterer ist eine der grossen Entdeckungen der Musikwelt und bereits heute ein weltweit gefragter Pianist. Schon im gedämpften Andante zeigte Debargue in seinem fili- granen, rhythmisch sicheren, virtuosen und dynamisch differenzierten Spiel, dass er die jeweiligen Werke auch musikalisch angemessen zu interpretieren weiss. Im bunten, fast grellen Mittelsatz, einem sarkastisch verzerrten Marsch, entwickelten Kremer und Debargue ein Zusammenspiel von höchster Insistenz und Konsequenz. Das Largo in Form einer Passacaglia erlischt schliesslich in einem stillen Flattern.

Ein musikalisches Glanzlicht

Das Klaviertrio Nr. 2 e-moll widmete Schostakowitsch seinem verstorbenen Freund Sollertinski. Das Trio gilt als eines der traurigsten Stücke überhaupt, obwohl es scherzohafte Passagen enthält. Dass das Cello paradoxerweise mit hohen Flageolett-Tönen beginnt und die Geige in tieferer Lage antwortet, zeigt schon musikalisch: Die Welt ist aus den Fugen. Marie-Elisabeth Hecker überzeugte durch die natürliche Geschmeidigkeit, Wärme und Kraft ihres Spiels. Debargue litt sichtlich den Schmerz des Werks mit, das von verstörender Schönheit ist. Ein solch mitreissendes Zusammenspiel, dessen Spannung am Ende fast unerträglich war, hat man in Laufen selten gehört. Diese Musik ist schön, nicht weil sie dem Ohr schmeichelt, sondern weil sie zutiefst wahrhaftig ist. Eine Sternstunde.

Weitere Sternstunden am Wochenende

dust. Beim beschriebenen Konzert waren die Grossen der Musikszene am Werk. Es folgten am Wochenende die Kleinen.

An den Zertifikaten der Musikschule Laufental-Thierstein bewiesen rund 230 Schülerinnen und Schüler vor einem Expertengremium ihr musikalisches Können. Einige der jungen Musikerinnen und Musiker lieferten so interessante Vorträge, dass sie diese anlässlich der Highlightkonzerte vom Sonntagmorgen vor einem grossen Publikum noch einmal vortragen durften. Das Wochenblatt war dabei und präsentiert auf der Seite 7 eine kleine Bildserie von den Höhepunkten aus den beiden Konzerten.

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