Mehrwertabgabe so gut wie sicher

Nach der Genehmigung einer leicht revidierten, bundesrechtskonformen kommunalen Mehrwertabgabe rechnet die Gemeinde damit, dass die Baselbieter Regierung diese im November in Kraft setzen wird.

Gemeinde schöpft ab: Auch der Spenglerpark fällt unter die Mehrwertabgabepflicht.  Foto: AZ Medien
Gemeinde schöpft ab: Auch der Spenglerpark fällt unter die Mehrwertabgabepflicht. Foto: AZ Medien

Nach vierjährigem Rechtsstreit mit dem Kanton hat die Gemeinde Münchenstein am Mittwoch letzter Woche an der Gemeindeversammlung nun eine rechtskonforme Mehrwertabgabe beschlossen. Am 18. September 2013 wurde diese durch die Gemeindeversammlung, an der über fünf Prozent der Stimmbürger anwesend waren, mit grossem Mehr genehmigt. Das Bundesgericht sprach Münchenstein das Recht, im Rahmen der Gemeindeautonomie die Mehrwertabgabe einzuführen, im November 2016 vollumfänglich zu.

Der Baselbieter Regierungsrat liess sich in der Folge allerdings viel Zeit darauf zu reagieren, sodass Münchenstein im Mai dieses Jahres rechtliches Gehör verlangte. Liestal beschied, dass die Formulierung der Vorlage nicht konform mit geltendem Bundesrecht sei, woraufhin redaktionelle Änderungen vorgenommen wurden. Die wesentlichen Eckpunkte bleiben aber: Bei Einzonungen werden 40 Prozent des Mehrwerts abgeschöpft, bei Um- oder Aufzonung sind 25 Prozent geschuldet. Einzig der Freibetrag wurde von 100 000 auf 35 000 Franken reduziert.


Liestaler Buebetrickli

Der Regierungsrat hat am 15. August dann die Zonenplanrevision der Gemeinde genehmigt. Die Mehrwertabgabe war damals noch nicht in Kraft. Damit hat Liestal sämtliche damit verbundenen Zonenänderungen genehmigt und vor der Mehrwertabgabe befreit. Wenn die Regierung voraussichtlich im November der Mehrwertabgabe Rechtskraft verleihen wird, gilt diese per Stichtag und nicht rückwirkend. «Das gilt allerdings nicht für Zonen mit Quartierplanpflicht», wie Gemeindepräsident Giorgio Lüthi (CVP) betonte. Denn dort wird die wertsteigernde Planungsmassnahme erst per Genehmigung des Quartierplans realisiert.
Sämtliche grosse Umzonungen grosser Grundstücke, wie das Läckerli Huus, Dychrain, Spengler oder das Van Baerle Areal, sind mit Quartierplanpflicht belegt. Die Gemeinde hat ihre Pfründe also ins Trockene gebracht. Denn genau für diese Parzellen hat Münchenstein die Mehrwertabgabe überhaupt einführen wollen. Normale Grund- und Hausbesitzer sind damit faktisch von der Mehrwertabgabe befreit, denn der frisch genehmigte neue Zonenplan wird für die nächsten 15 Jahre Bestand haben.


Umstrittene Liegenschaftsverkäufe

Die Gemeinde verkauft eine Reihe von Parzellen, die sie als strategisch unbedeutend einstuft. Es handelt sich dabei um zwei Liegenschaften an der Münchstrasse, zwei an der Tramstrasse und zwei freie Parzellen an der Schützenmattstrasse. Die Vorlage zum Verkauf der Eckliegenschaften an der Tramstrasse 38 und 38a war höchst umstritten und provozierte mehrere Änderungsanträge. Deren Ergebnis war, dass die Parzellen nun zu einem marktüblichen Preis unter Gewährung eines lebenslangen Wohnrechts an das lokale Gewerbe oder die aktuellen Mieter verkauft werden kann. Die Liegenschaften werden mehrheitlich von langjährigen, betagten Mietern bewohnt. Ein Verkauf, der dessen Verbleib in den Wohnungen gefährdet hätte, wollte die Gemeindeversammlung damit ausschliessen. «Wollen sie Betagte aus ihrem Umfeld reissen? Ich würde mich schämen für die Gemeinde», appellierte Arnold Amacher an die Versammlung. Die Gemeinde hatte ursprünglich vor, die Parzellen in einem einfachen Bieterverfahren zu verkaufen.


Ein Schnäppchen

Das Plebiszit könnte zu reden geben. Durch die Gewährung des Mietrechts erfahren die betroffenen Liegenschaften einen erheblichen Wertverlust, von dem die Käufer profitieren werden. Das sind voraussichtlich zwei Gewerbetreibende aus der Nachbarschaft. Einer ist der Inhaber der benachbarten Schreinerei. Er möchte primär seine Parkplätze und die Zufahrt zu seinem Betrieb erhalten. Beide Käufer kommen nun zu einem Schnäppchen, dessen Bruttorendite durch den Entscheid der Gemeindeversammlung erheblich gesteigert wurde. Beide betonten an der Gemeindeversammlung, dass sie kurzfristig keinen Eigenbedarf für die Liegenschaften haben. Ein Passus, der sie als lokales Gewerbe im Bieterverfahren bevorzugt hätte, wäre wahrscheinlich auch ohne das lebenslange Mietrecht mehrheitsfähig gewesen und die Gemeinde würde einen Erlös erzielen können, der eher dem Marktwert seiner Immobilien entspräche.

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