Bilderrätsel entschlüsselt

Am Sonntag wurde im Heimatmuseum Schwarzbubenland das Buch «Bilder Basler Bändelherren» vorgestellt. Damit fand eine abenteuerliche Reise in die Welt der Historienmalerei ein glückliches Ende.

Ritterkult aus dem 19. Jahrhundert: Myriam Dössegger, Hans Vögtli, Laura Catania und Martin Gaier (v. l.) haben alle ihren Teil zur Entschlüsselung des Historiengemäldes von Albert Landerer beigetragen.  Foto: Thomas Brunnschweiler
Ritterkult aus dem 19. Jahrhundert: Myriam Dössegger, Hans Vögtli, Laura Catania und Martin Gaier (v. l.) haben alle ihren Teil zur Entschlüsselung des Historiengemäldes von Albert Landerer beigetragen. Foto: Thomas Brunnschweiler

Bereits im Sommer 2012 wurde der Öffentlichkeit das Bild «Die (neuen) Grafen von Thierstein» des Malers Albert Landerer gezeigt. Es stammte aus dem Besitz von Walter und Salome Tschopp-Buxtorf und schien aufgrund des dazugehörenden Briefwechsels interessant zu sein. Hans
Voegtli, der Präsident der Stiftung Heimatmuseum Schwarzbubenland, legte das Material dem Privatdozenten Martin Gaier vom Kunsthistorischen Seminar der Universität Basel vor. Gaier ging nach der damaligen kleinen Ausstellung daran, eine umfangreichere Publikation vorzubereiten und drei Studierende mit Spezialarbeiten zu beauftragen. Am vergangenen Sonntagmorgen wurde im Heimatmuseum das Buch erstmals präsentiert.


Falsche Ritter auf echter Burg

Evgeniya Spalinger (Flöte) und Olga Bernasconi (Harfe) umrahmten die Feierstunde mit Stücken von Rossini, Mendelssohn und Monti. Hans Voegtli liess die Vorgeschichte nochmals Revue passieren. Iris Becher, zuständige Lektorin des Schwabe Verlags, lobte das Buch als «Sittengemälde des Grossbürgertums des 19. Jahrhunderts», das sogar einen Bezug zu Jacob Burckhardt habe. Hauptautor und Herausgeber Martin Gaier führte auf lockere und humorvolle Weise in das fast vergessene Thema der Historienmalerei ein und fragte provokant: «Was machen wir mit diesen Schinken?» Als Hans Voegtli das Bild samt einem Konvolut an Briefen im Jahre 2011 dem Kunsthistorischen Seminar zeigte, war noch nicht abzusehen, was daraus entstehen würde. Jetzt liegt ein umfangreiches, durchgehend in Farbe illustriertes Buch vor, das den eskapistischen Ritterkult der Basler Bändelherren Eduard, Alfred und Gustav Bischoff sowie August De Bary dokumentiert. Die vier Seidenbandproduzenten kauften nämlich 1857 für 600 Franken die Ruine Neu-Thierstein, machten sie zu ihrer Fluchtburg und liessen sich 1861 von Albert Landerer als die «neuen Grafen» von Thierstein in einem historischen Kontext abbilden. Die Inszenierung stand im Zeichen einer gesellschaftlichen Refeudalisierungsidee in den Kreisen der Seidenbandproduzenten. Unübersehbar auf dem Bild ist der fast subversive Seitenhieb gegen Kirche, Pietismus und Bürgertum.


Aufschlussreiches Schlaglicht

Das Buch bietet nicht nur die Entschlüsselung des Bildrätsels, sondern ist auch die erste Monografie über den bedeutenden Historienmaler Albert Landerer. Dieser wurde übrigens vom Liebhaber seiner Frau ermordet. Im Anhang finden sich der gesamte Briefwechsel zwischen Künstler und Auftraggebern wie auch ein ausklappbares Faltblatt mit dem Historiengemälde Landerers. Das im Buchhandel erhältliche Buch wirft ein Schlaglicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Region im 19. Jahrhundert und auf die Mentalitätsgeschichte jener Zeit.

Martin Gaier: Bilder Basler Bändelherren. Der Historienmaler Albert Lan-derer (1818–1893) und seine Auftraggeber. Mit Beiträgen von Laura Catania und Myriam Dössegger, Schwabe Verlag, Basel 2017, 224 S., Fr. 48.–

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