«Er hat die richtige Nase»

Der 30-jährige Antonio Esposito ist Islamwissenschafter und Schnapsbrenner in der Destillerie Zeltner in Dornach.

Verlässts sich auf seine Sinne: Antonio Esposito bei der Qualitätsprüfung.  Foto: Archiv
Verlässts sich auf seine Sinne: Antonio Esposito bei der Qualitätsprüfung. Foto: Archiv

Fruchtig-schwere, alkoholgesättigte Luft wabert um die alte Destillerie-Anlage. Blaue Fässer voller eingemaischter Früchte stehen vor der Tür, drinnen rieselt klare Flüssigkeit aus einem Hahn an der Destille in einen Messbecher, und Antonio Esposito eilt in lederner Schürze konzentriert zwischen Brennblasen und Bürobereich hin und her. Der 30-Jährige ist seit kurzem Schnapsbrenner in der Brennerei Zeltner in Dornach und weiss ganz genau, was er macht. «Hier muss ich Silikon hinzugeben. Das verhindert das Überschäumen beim Aufkochen», erläutert Esposito, während er die Flüssigkeit in eine Brennblase träufelt. «Das bleibt beim Destillieren im Kessel zurück, ist also im Schnaps dann nicht enthalten.»


Zwei Herzen in der Brust

Antonio Esposito ist in Laufen aufgewachsen und hat später an der Uni Basel Islamwissenschaft und Geschichte studiert. «Islamische Kulturen haben mich vor allem wegen der Sprachen interessiert. Ich habe Arabisch und Persisch gelernt und verschiedene muslimisch geprägte Gebiete bereist.» Seit Januar 2017 ist er nun Schnapsbrenner in der altehrwürdigen Brennerei Zeltner. «Ich hatte schon immer zwei Herzen in der Brust. Einerseits interessieren mich Sprachen, Menschen und Kulturen. Und auf der anderen Seite liebe ich die Natur», beschreibt Esposito seinen aussergewöhnlichen Lebenslauf. «Ich brauche beides, um glücklich zu sein.» Nach seinem Masterabschluss habe ihn ein Bekannter gefragt, ob er sich nicht als Schnapsbrenner bewerben wolle. Denn nachdem der Familienbetrieb vom Inhaber Ruedi Zeltner an eine Aktiengesellschaft übergegangen war, suchte diese einen neuen Brennmeister. «Irgendwie hat mich das gereizt und ich dachte: Warum nicht?» So habe er als Quereinsteiger angefangen. «Es hat Spass gemacht, etwas Neues zu lernen, und ich habe mich sehr schnell eingearbeitet.»

Für die Schnapsbrennerei gibt es keine offizielle Ausbildung. Agroscope, das Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, bietet aber Kurse für Brenner an. Auch Esposito hat sein Fachwissen so erworben. Die Zusammensetzung der Kursteilnehmer sei sehr interessant gewesen. «Es gab viele junge Leute, einige Quereinsteiger wie mich und auch erfahrene Brenner, die ihr Fachwissen auffrischen wollten.» Am meisten habe er aber während der Arbeit in der Brennerei gelernt. «Die Theorie ist zwar wichtig, aber gegenüber dem Praktischen eher zweitrangig.» Wertvoll sei die Unterstützung seines Mitarbeiters Thomas Heiner. Dieser arbeitet seit über zehn Jahren als Brenner und gibt Esposito die nötige Sicherheit: «Mittlerweile fühle ich mich schon sehr sicher, aber manchmal bin ich trotzdem froh, wenn Thomas mir Bestätigung geben kann», erklärt Esposito. Heiner ergänzt: «Er macht das tipptopp. Er hat die richtige Nase und den Gaumen dafür.»


Ein traditionsreiches Metier

«Der Umgang mit dieser alten Brenn-anlage ist eine Herausforderung», sagt Esposito. Sie verfüge nicht wie moderne Anlagen über digitale Messgeräte und Anzeigen. Man müsse mit Fingerspitzengefühl und «der Nase nach» arbeiten. «Am Anfang musste ich vieles einfach ausprobieren.» Er merke immer wieder, wie viel Tradition in dem Beruf stecke. Jeder Brenner habe seine eigenen Tricks und Kniffe, die er an den Nachfolger weitergibt. «Es ist toll, von all diesen Erfahrungen zu lernen und dann seinen eigenen Weg zu suchen.»
Zurzeit experimentieren er und Heiner mit eigenen Gin-Sorten. Esposito freut sich schon darauf, bald seine ersten hauseigenen Brände herzustellen. «Ich bin gespannt auf die Saison.» Der Frost hat leider beim Obstbau schon viel Schaden angerichtet. «Aber wir stellen ein Naturprodukt her, und da gehören solche Umwelteinflüsse einfach dazu», stellt Esposito klar.


Mittlere Stufe entscheidet

«Bei uns werden alle möglichen Früchte gebrannt», sagt Antonio Esposito. Die Kunden bringen die gehäckselten und vergorenen Früchte vorbei. Diese gibt man in die grosse Brennblase, wo sie aufgekocht werden. Die Destillen verfügen über drei Glockenböden. Das sind Zwischenböden in der Kolonne, an denen der Dampf der aufgekochten Früchte kondensiert. Je mehr Zwischenstufen man einbaut, umso reiner wird das Destillat. Wer hingegen das Aroma der Maische stärker betonen will, wählt weniger Zwischenstufen. Das Kondensat fliesst zum Kühlen durch ein Kupfergestell, welches als Katalysator fungiert. «Kupfer entzieht der Flüssigkeit Giftstoffe», erklärt Esposito. Die erste Flüssigkeit, welche unten aus dem Hahn fliesst, darf nicht abgefüllt werden. Der sogenannte Vorlauf enthält krebserregende Stoffe und riecht wie alkoholisches Lösungsmittel. Erst der Mittellauf wird dann als Schnaps abgefüllt. Den Nachlauf lässt man ebenfalls weg, da dieser ölig und bitter ist. Diese drei Stufen der Flüssigkeit erkennt der Brenner am Geruch und Aussehen.

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