«Radarmessungen sind nicht Gemeindeaufgabe»

Die Gemeinde Arlesheim möchte Herrin über Blechpolizisten werden, um Tempo 30 im Dorf durchzusetzen. Die Gemeindeversammlung dürfte heute dem Gemeinderat einen Strich durch die Rechnung machen.

Grün beruhigt: Die farbigen Streifen am Stollenrain signalisieren seit letzter Woche die 30er-Zone.  Foto: Thomas Kramer
Grün beruhigt: Die farbigen Streifen am Stollenrain signalisieren seit letzter Woche die 30er-Zone. Foto: Thomas Kramer

Lukas Hausendorf

Politik ist ein berechenbares Geschäft. Als die FDP Arlesheim ihre Petition für Tempo 30 ohne Schwellen lancierte, machte Tiefbauchef Anton Fritschi (FDP) klar: «Fallen die Schwellen, kommt der Radar.» Das war Anfang April dieses Jahres. Jetzt verschwindet ein substanzieller Teil der ungeliebten vertikalen Tempodrossler von den Strassen und der Gemeinderat kündete an einer Orientierungsveranstaltung zur dieser Massnahme bereits die Anschaffung von Blechpolizisten an.

Auf Nachfrage präzisiert Gemeindepräsident Karl-Heinz Zeller: «Wir werden eher keine eigenen Geräte anschaffen und eine externe Firma mit der Durchführung der Messungen beauftragen.» Dafür sind im nächsten Jahr rund 150 000 Franken budgetiert. Ebenso viel Geld sollen die Radaranlagen auch wieder einspielen. Kaum machte dies im Dorf die Runde, formierte sich auch schon der Widerstand. Und wen überrascht es: Ausgerechnet die FDP will den Budgetposten an der heutigen Gemeindeversammlung streichen und wird den entsprechenden Antrag stellen.

Präsident Balz Stückelberger, der Radarkontrollen im Zusammenhang mit der Petition seiner Partei noch als liberales Disziplinierungsdispositiv für Autofahrer bezeichnete, sieht sich deshalb aber nicht im Erklärungsnotstand. «Wir finden, nur dort, wo eine tatsächliche Gefährdung vorhanden ist und es nicht anders geht, soll man einen Radar aufstellen.» Der Blechpolizist ist also die Ultima Ratio zur Durchsetzung des neuen Verkehrsregimes. «Uns fehlt einfach die Begründung. Es braucht Zahlen, die zeigen, wo Tempo 30 nicht eingehalten wird», sagt Stückelberger.

Überwachung passt nicht zum Dorf
Die FDP konnte fast nicht anders, als die Radarkontrollen in Kauf nehmen, um dann doch dagegen zu sein. Der Widerstand gegen die Geschwindigkeitskontrollen kommt nämlich aus dem Gewerbe. «Die systematische Überwachung der Autofahrer, welche zu einer Geldmaschinerie wird und nichts mehr mit Unfallprävention zu tun hat, passt nicht zu Arlesheim», sagt Christoph Jenzer, Unternehmer und Vorstand im Arlesheim Industrie- und Gewerbeverein. Er erinnert daran, dass das Gewerbe vor sieben Jahren die Begegnungszone initiiert hatte, die heute «kundenfreundlich ohne Radarkontrollen» funktioniere. Für Stückelberger ist noch ein anderes Argument entscheidend: Ist der Betrieb von Blechpolizisten Aufgabe der Gemeinde? Für den liberalen Politiker ist die Antwort klar nein. «Dafür gibt es beim Kanton eine Abteilung für Verkehrssicherheit.» Die könne dann evaluieren, wo ein Blitzer tatsächlich Sinn mache.

Lieber ein Lächeln
Als Alternative schlägt er den Einsatz von Smilies vor. Die sind den Arlesheimer Automobilisten schon bestens vertraut und erfreuen sich grosser Beliebtheit. Wer sich an die vorgegebene Maximalgeschwindigkeit hält, wird mit einem Lächeln belohnt. Das sei ein positiver und sympathischer Appell. Daneben haben sie auch noch einen wertvollen Zusatznutzen: «Sie können auch den Verkehr zählen», erklärt Gemeindepräsident Zeller. Eine neuere Alternative wird derzeit übrigens am Stollenrain erprobt. Zwei dominante grüne Streifen als Fahrbahnbegrenzung dienen als optische Verengung der Fahrbahn, die jüngst für viele Diskussionen im Dorf geführt haben.

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