Piattis immenses Werk wird sichtbar

Im Januar wäre Celestino Piatti 100 Jahre alt geworden. Mit einem Buch und verschiedenen Veranstaltungen wird des Grafikers und Künstlers gedacht. Im November besteht die Möglichkeit, sein Privatarchiv in Grellingen zu durchstöbern.

Das Archiv: Barbara Piatti, die Tochter von Celestino Piatti, öffnet das Archiv in Grellingen für Interessierte. Foto: Gaby Walther
Das Archiv: Barbara Piatti, die Tochter von Celestino Piatti, öffnet das Archiv in Grellingen für Interessierte. Foto: Gaby Walther

Auch wer mit dem Namen Celestino Piatti nichts anfangen kann, werden seine Motive wahrscheinlich bekannt vorkommen. Der Grafiker entwarf über 500 Plakate, zum Beispiel für die Messe Basel, für Caritas, Heliomalt, Campari Soda, Knorr, Bell, das Läckerli Huus, oder für politische Anliegen wie das Frauenstimmrecht. Er zeichnete Titelbilder für den «Nebelspalter», mehr als 6000 dtv-Buchumschläge und entwarf über 30 Briefmarken. Er illustrierte Lesefibel und Kinderbücher. Zugleich war er auch als Kunstmaler erfolgreich und pflegte einen engen Kontakt zum Luzerner Kunstmaler Hans Erni. Von 1974 bis zu seinem Tod im Jahr 2007 wohnte Piatti in Duggingen. Heute wohnen im Haus noch Piattis zweite Ehefrau Ursula und die Tochter Celestina mit Mann und Sohn. Am 5. Januar 2022 wäre Celestino Piatti 100 Jahre alt worden.

Eine Sondermarke zum Gedenken

Zum Gedenken an den international bekannten Grafiker gibt die Schweizerische Post eine Sondermarke «100 Jahre Celestino Piatti» heraus. Der im Jahr 2019 von Familienmitgliedern gegründete Verein «Celestino Piatti — das visuelle Erbe» würdigt mit verschiedenen Aktivitäten im Jubiläumsjahr und mit einem Buch das Schaffen von Piatti. Der 400-Seiten dicke, farbig illustrierte Bildband «Alles, was ich male, hat Augen» in Deutsch-Englisch kam gestern in den Buchhandel.

«Die Masse an Material ist überwältigend», erzählt Barbara Piatti, Tochter des Grafikers und treibende Kraft hinter dem Buch und dem Verein. Der künstlerische Nachlass umfasst sieben Jahrzehnte intensiver Produktion und ist an verschiedenen Standorten aufbewahrt — unter anderem im ehemaligen Atelier in Basel, im Wohnhaus in Duggingen, im Lager in Grellingen, sowie in der Sammlung Grafik des Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich, wo tausend Originale der dtv-Cover und Dokumente aufbewahrt werden. Zahlreiches wurde nun fotografiert und zum ersten Mal überhaupt digitalisiert. «Natürlich waren die Digitalisierung und die Produktion des Buches eine grosse Arbeit. Es war jedoch keine Belastung, sondern mein Bedürfnis, das Schaffen meines Vaters sichtbar zu machen», erklärt Barbara Piatti. «Seit ich auf Instagram Fotos der Werke hochgeladen habe, entdecken sogar junge Leute die Grafikkunst meines Vaters», freut sich die ­promovierte Germanistin. So folgt die Designerin Olimpia Zagnoli mit 152000 Followern auf Instagram «celestinopiatti» und schrieb auf Anfrage von Barbara Piatti einen kleinen Beitrag für das Buch.

Vielschaffer

Der Bildband ist nebst den zahlreichen Illustrationen geprägt von persönlichen Erlebnissen, Erinnerungen und Statements von Familienmitgliedern, Freunden, Geschäftspartnern des Künstlers und Fachleuten. «Es war ihm unmöglich, in seinem kreativen Chaos Ordnung zu halten, er produzierte einfach, was das Zeug hielt. War ein Auftrag oder ein Projekt abgeschlossen, landete alles — Skizzen, Korrespondenz, Schnipsel, Vorlagen — unsortiert in Kartonschachteln und Mappen», schreibt Barbara Piatti im Porträt über ihren Vater. Diese Schaffenskraft ist in der Lagerhalle in Grellingen intensiv spürbar. Zahlreiche, gerahmte Bilder, Hunderte Skizzen, Notizbücher, aufgestapelte Schachteln, signierte Plakate, dtv-Romane und sogar Holzskulpturen sind im Archiv aufbewahrt.

Zum zweiten Mal, vom 26. bis 28. November, ist es möglich, das Archiv zu besuchen, zu durchstöbern und Bilder oder Plakate zu kaufen. Die Einnahmen fliessen in die Vereinskasse. Die Entwürfe für die Plakate und Brands sind unverkäuflich und werden an Museen und zur Forschung weitergeben. «Es ist viel cooler, die Werke kommen unter die Leute, als dass sie hier im Lager unbeachtet herumliegen», erklärt Barbara Piatti den Grund der Archivtage.

Im Buch, wie auch im Atelier erscheint der Künstler als Familienmensch und Menschenfreund. «Auch wenn der Vater viel arbeitete, durften wir ihn immer stören. Er nahm sich Zeit für uns, spielte mit uns und zog uns in Entscheidungen zu den Bildern mit ein. Oft fragte er uns, für welchen Preis er dies und jenes Bild verkaufen solle», erinnert sich die Tochter. «Meine ersten Jahre waren für mich wie ein einziger, nie endender Sommer», schreibt die Halbschwester Sabine Larghi-Piatti. «Celestino und ich sind über vierzig Jahre im Gleichschritt zusammen durchs Leben gegangen. Er war die Liebe meines Lebens», ergänzt Piattis Ehefrau, die Journalistin Ursula Piatti-Huber. Zum Teil in Zusammenarbeit mit ihr entstanden sieben Bilderbücher für Kinder mit einer Weltauflage von 600000 Exemplaren. Zu Piattis 100. Geburtstag gibt der Kinderbuchverlag NordSüd einen Sammelband aller Bilderbücher heraus.

Buchvernissage: 5. November, 18.30 Uhr, «Alles, was ich male, hat Augen» und «Piatti für Kinder». Ackermannshof, St.Johanns-Vorstadt 19/21, Basel.Archivtage in Grellingen: 26.-28. November 2021 und 5., 8. und 9. Januar 2022, jeweils von 10-20 Uhr. Alle Infos und weitere Veranstaltungen unter www.celestino-piatti.ch.

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