«Wir alle sind Gast auf Erden»

Eine Migrantin und zwei Migranten erzählten am letzten Donnerstagabend freimütig aus ihrem Leben und erklärten, was für sie Integration bedeutet. Musikalisch begleitet wurde der Abend «RefuCHeese» vom Rapper Lafa alias Manuel Guntern.

Was heisst Integration?: Peter Seeberger im Gespräch mit dem Salmen-Wirt Cafer Karacan. Foto: Melanie Brêchet
Was heisst Integration?: Peter Seeberger im Gespräch mit dem Salmen-Wirt Cafer Karacan. Foto: Melanie Brêchet

Pfarrerin Regine Kokontis begrüsste die Anwesenden im Salmen-Zelt mit den Worten «Wir alle sind Gast auf Erden», unabhängig davon, wer fremd sei oder hiesig. Wichtig sei die Begegnung mit den Menschen und das Zuhören, um von Stereotypen und Vorurteilen wegzukommen. Auf dem kleinen Podium im Salmen-Zelt in Laufen hätten eigentlich mehr Menschen aus ihrem Leben erzählen sollen. Einer wagte den Schritt jedoch kurzfristig nicht. Die Geschichte eines Bootsflüchtlings aus Eritrea gab schliesslich Pastoralassistent Alexander Mediger wieder. Er berichtete von einem Schicksal, wie es Tausende gibt. Der junge Eritreer sei geflüchtet aus Angst davor, lebenslang Militär machen zu müssen. Die Flucht habe lange gedauert, inklusive eines Gefängnisaufenthalts in Libyen. Der Mann aus Eritrea liess dem Publikum ausrichten, dass es ihm jetzt gut gehe, er habe hier eine Familie und Arbeit. Er wünschte sich jedoch, mehr mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Seinen Auftritt habe er aus Angst abgesagt, aus Angst davor, dass er, der als Deserteur gelte, auch hier von regimetreuen Landsleuten entdeckt werden könnte.

Der Gastgeber erzählt

Die Trägerschaft des Anlasses vom letzten Donnerstag, ursprünglich als Jubiläumsanlass zum 725-Jahr-Jubiläum der Stadt Laufen geplant, lag bei der römisch- katholischen Kirche, der reformierten Kirchgemeinde und bei der Salmen Lounge Bar. Cafer Karacan (43), Salmen-Wirt und 1994 aus der Türkei in die Schweiz gekommen, machte dann auch gleich den Anfang auf dem Podium. Laufen sei zu seiner Heimat geworden, gab er dem Interviewer Peter Seeberger als Antwort auf die erste Frage. Er wohne mit Frau und Kindern hier und fühle sich gut integriert. Er habe die Sprache gelernt, was er als essenziellen Teil der Integration betrachtet, und habe sich an die Gesellschaft angepasst. Trotz allem erlebe er aber hier immer noch Vorurteile. Wichtig sei in seinen Augen, die Kultur, in der man lebe, zu respektieren, die eigene dabei aber nicht zu vergessen. «Migrantinnen und Migranten sollen sich integrieren, nicht assimilieren», schloss er. Wie schon der junge Mann aus Eritrea ausrichten liess, wünsche auch er sich von den Schweizerinnen und Schweizern, dass diese mehr mit Ausländerinnen und Ausländern ins Gespräch kommen sollten, nur so könnten Vorurteile abgebaut werden.

Ein bewegtes Leben

Als Nächstes nahm Luziya auf dem Podium Platz. Eben 70-jährig geworden, ist sie seit 2003 in der Schweiz. Ursprünglich kommt sie aus Usbekistan. In der Hauptstadt Taschkent arbeitete sie während 22 Jahren als Chefärztin einer Frauenklinik. Nach der Auflösung der Sowjetunion entschloss sie sich zur Flucht. In der Schweiz habe sie sich sofort darum bemüht, Deutsch zu lernen. Als sie den Status F erhielt, habe sie die Kurskosten jedoch selbst tragen müssen, ein teures Unterfangen. Für Menschen in ihrer Situation sei dies oft zu kostspielig — insbesondere, weil sie auch nicht arbeiten durfte. Das verstehe sie nicht, erklärte sie der Laufner Kirchgemeinderatspräsidentin Marlen Candreia. Sie habe nie von Sozialhilfe abhängig sein wollen. Sogar alt Bundesrat Christoph Blocher habe sie gefragt, warum sie denn nicht arbeiten dürfe. Seine Antwort: Das sei Gesetz in der Schweiz. In der Schweiz habe sie gute Freunde gefunden, habe 2008 einen Schweizer geheiratet, welcher aber unterdessen verstorben sei. Seit 2013 sei sie Schweizer Bürgerin. Sie habe sich von Anfang an sehr gut integriert. Eine Familie, welche sie im Haushalt unterstützen durfte, habe sie mit hiesigen Traditionen, Politik und Kultur vertraut gemacht. Deutsch würde sie aber gerne noch besser lernen.

Sprache als Türöffner

Zuletzt nahm auch Mousa (32) aus Syrien auf dem Podium Platz. Sein Deutsch noch sehr gebrochen — er ist erst seit dreieinhalb Jahren in der Schweiz. Peter Seeberger stellte die Fragen, Heilsem aus Basel half beim Übersetzen. Der Sanitär Mousa lebt hier mit seiner Frau und den Kindern und arbeitet im Stundenlohn für eine Umzugsfirma. Syrien könne er nicht vergessen, sagt er. Die Schweiz solle aber für seine Kinder Heimat werden. Mousa würde gerne besser Deutsch lernen. Dafür wünscht er sich Menschen, die sich für ihn und seine Familie Zeit nehmen, um mit ihnen zu sprechen und zu üben.

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