Auch im hohen Alter auf dem Dorf daheim
Gemäss Altersforschung möchten Seniorinnen und Senioren in der gewohnten Umgebung bleiben. Die Gemeinde Rodersdorf initiiert nun das Projekt «Innovative Wohnformen im Alter».

«Wir investieren in Bildungsraum und in Spielplätze, und wir sind gefordert, auch Projekte für die ältere Bevölkerung zu unterstützen», sagt Thomas Bürgi, Gemeindepräsident von Rodersdorf. Früher mussten Seniorinnen und Senioren einfach ins Altersheim, heute sind Alternativen möglich und gefragt — nicht nur in den Zentrumsgemeinden, sondern auch auf dem Dorf, zum Beispiel in der Gemeinde Rodersdorf, wo der Anteil der älteren Bevölkerung mit 26 Prozent über dem kantonalen Schnitt von 20 Prozent liegt. Die Altersforschung zeigt, «dass die Seniorinnen und Senioren so lange wie möglich in der vertrauten Umgebung bleiben möchten», erklärt Ida Boos, Geschäftsführerin Pro Senectute Solothurn. Die Organisation bietet den Gemeinden im Bereich Alter individuelle Hilfestellung an. Für Rodersdorf entwickelte sie zusammen mit der örtlichen Behörde den Workshop «Innovative Wohnformen im Alter». Der Auftakt fand letzte Woche im Gemeindesaal statt und wurde von 60 Interessierten besucht. Das erklärte Ziel ist die Gründung einer Arbeitsgruppe, die für das Wohnen im Alter eine Bedarfsanalyse vornimmt, mögliche Projekte abklärt und Vorschläge zu Finanzierungsvarianten macht. Welche Rolle die Gemeinde dabei spielt, sei Teil der Abklärung, hiess es. Gemeindepräsident Thomas Bürgi gab zu verstehen, dass das Gelingen vom Engagement der Bevölkerung abhängig sei. «Die Gemeinde verfügt leider über keinerlei gemeindeeigenes Bauland mehr. Der Handlungsspielraum ist stark eingeschränkt, was die finanzielle Unterstützung von Alterswohnprojekten angeht.» Im Verlauf des Nachmittags stellte sich heraus, dass es derzeit im Dorf durchaus private Investitionsvorhaben gibt. Eine Unternehmung plant beispielsweise den Bau von barrierefreien Wohnungen. Die durchschnittliche Grösse der geplanten Wohnungen von 100 Quadratmetern stiess allerdings auf Skepsis.
Boos riet den Anwesenden, die Frage nach dem Wohnen im Alter frühzeitig in Angriff zu nehmen. Aufschieben helfe nicht. «Wer die Wohnsituation rechtzeitig für den Fall von Krankheit, Hilfe- und Pflegebedürftigkeit einrichtet, erhöht die Selbstbestimmung. Seniorinnen und Senioren können mit Eigeninitiative durch die Überprüfung ihrer Wohnsituation ihren Verbleib zu Hause sichern — auch wenn sie auf Hilfe angewiesen sind», erklärte Boos. Mit baulichen Massnahmen könne man die aktuelle Wohnsituation den künftigen Bedürfnissen anpassen, durch Vorausschauen könne man die neue Heimat nach den eigenen Vorstellungen gestalten. Bürgi erwähnte, dass gewisse Fragestellungen in der laufenden Ortsplanrevision thematisiert würden, zum Beispiel die Mehrfachnutzung von Einfamilienhäusern, die Entwicklung nach innen durch moderate Erhöhung des Daches um 1,5 Meter oder den Bau eines «Stöcklis — sprich eines Tiny House» im Garten eines Grundstückes.
«Es geht um die Einschätzung, ob und wie man in der eigenen Wohnung bleiben kann oder will. Vielleicht entscheidet man sich für eine andere Wohnform, zum Beispiel für eine Wohnung in einer Alterssiedlung mit Gemeinschaftsräumen», meinte Boos. Überlegungen und Entscheidungen zum Wohnen im Alter seien sehr persönlich, doch auch von den Angeboten in der Gemeinde abhängig. «Komfort und Sicherheit sind die beiden wichtigsten Kriterien für das Wohnen im Alter», so Boos.
Zum Workshop gehörte auch das Ausfüllen eines Fragebogens sowie die Suche nach Mitgliedern für die Arbeitsgruppe «Wohnen im Alter». Spontan meldeten sich elf Personen.
Rodersdorf sei mit dem öffentlichen Verkehr gut erschlossen. «Dafür haben wir uns auch sehr eingesetzt», betonte Bürgi. «Intensive Verhandlungen führten dazu, dass die BLT und der Kanton Solothurn die Taktfahrplanverdichtung am Nachmittag auf 15 Minuten erhöht haben.» Die Analyse zeigte, dass im Bereich des öffentlichen Raumes noch Verbesserungspotenzial besteht, zum Beispiel bei der Barrierefreiheit und dem Beseitigen von Stolperfallen, erwähnte Boos. Weitere Ziele wie zusätzliche Sitzbänke und öffentliche Toiletten seien vorbildlich erreicht worden. Die geplante Infobroschüre «Älter werden im Solothurnischen Leimental» sei erarbeitet und verteilt worden. Insgesamt würdigte Pro Senectute das grosse Engagement der Gemeinde Rodersdorf mit dem Label «Altersfreundliche Gemeinde».