Der gelbe Riese erfindet sich neu

In Reinach hat am Montag die erste Post-Filiale in der Nordwestschweiz nach neuem Design-Konzept ihre Tore geöffnet.

Schrankenlos: Eine Mitarbeiterin der Reinacher Post berät eine Kundin an der Empfangstheke.  Foto: Caspar Reimer
Schrankenlos: Eine Mitarbeiterin der Reinacher Post berät eine Kundin an der Empfangstheke. Foto: Caspar Reimer

Nach Abschluss der Umbauarbeiten hat die Post ihre Filiale an der Austrasse in Reinach am Montag in neuem Glanz wiedereröffnet. Damit hat das Unternehmen das neue Design-Konzept für die Gestaltung seiner Filialen in der Norwestschweiz erstmals umgesetzt: «Es ist die Filiale der Zukunft», sagte Urs Möschli, Leiter Postnetz Region Basel, anlässlich der Eröffnung am Montag. Die neue Filiale präsentiert sich in einem hellen und modernen Design. Betritt man die Post, muss man keine Nummer mehr ziehen und den Aufruf abwarten, sondern wird direkt von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter empfangen – ähnlich wie etwa im Apple-Shop an der Freien Strasse in Basel: «Damit soll unterstrichen werden, dass unsere Filialen vermehrt die Funktion einer Beratungsstelle haben», sagt Kommunikationsverantwortlicher Markus Werner dem Wochenblatt. An einer von allen Seiten zugänglichen Beratungstheke mit der Aufschrift «Grüezi» wird das Anliegen des Kunden aufgenommen, wobei sich keine Schranke zwischen Kundschaft und Personal befindet.

Ausgerüstet mit smarten Tablets kann das Personal gleich vor Ort Hilfe leisten. «Wenn jemand eine längere Beratung braucht oder ein grösseres Geschäft abwickeln muss, kann die Beratung individuell an der Theke stattfinden oder der Kunde wird an einen Schalter begleitet», so Möschli. Ganz fertig ist die neue Filiale allerdings nicht: In den nächsten Monaten wird zusätzlich eine sogenannte Dropbox installiert, dank der man vorfrankierte Pakete selbstständig aufgeben kann. Zwischen 25 und 30 Filialen sollen in der Region nach diesem Konzept umgesetzt werden, dabei unterscheiden sie sich je nach Infrastruktur und Möglichkeiten: «Es gibt neue Filialen, in denen es weiterhin klassische Schalter gibt, wie jene hier in Reinach. Dann gibt es aber solche, deren Schalter ohne Sicherheitsglas auskommen werden», berichtet Möschli. In Binningen wird aktuell die Poststelle saniert und im kommendem Jahr nach neuem Design und mit offen gestalteten Schaltern eröffnet. Wann die nächste Filiale im Birseck nach neuem Design umgebaut wird, kann Möschli noch nicht sagen.


Stark veränderte Bedürfnisse

Mit dem neuen Konzept vollzieht die Post ihre veränderte Funktion optisch. Denn der klassische Postschalter verliert zunehmend an Bedeutung: Seit dem Jahr 2000 sind in der Schweiz 71 Prozent weniger Briefe und 40 Prozent weniger Pakete über die Schaltertheken gegangen und die klassischen Einzahlungen mit Schein sanken um 47 Prozent. Marktwirtschaftlich betrachtet ist es also kein Wunder, wenn sich die Post neu ausrichtet, sehr kleine, nicht rentable Filialen schliesst und durch Agenturen oder Hausservice ersetzt. In einer Agentur können Postgeschäfte in einem lokalen Geschäft abgewickelt werden. So geschehen in Gempen oder Hochwald, wo die Bevölkerung die Grunddienstleistungen der Post im Dorfladen in Anspruch nehmen kann. Das Gleiche gilt für die Quartiere grösserer Orte, wie etwa Reinach Nord seit 2014 oder Münchenstein Zollweiden. Auch den Hausservice, wie er seit 2016 in Pfeffingen nach Schliessung der dortigen Post existiert, gibt es im ganzen Kanton in mehr als 30 Orten und Ortsteilen. Beim Hausservice wird der Postschalter quasi vor die eigene Haustür verlegt – es können Sendungen aufgegeben, Einzahlungen getätigt oder Bargeld und Briefmarken bezogen werden.


Verbliebene Poststellen bleiben

Trotz der für sich sprechenden Zahlen und der Ersatzdienstleistungen ist der Aufschrei in der Bevölkerung jeweils gross, wenn wieder eine Filiale zu schliessen droht. So etwa in Aesch oder Münchenstein, wo es vor einiger Zeit zu Spekulationen um die Schliessung der lokalen Filialen gekommen ist. Aber: Die Poststellen blieben erhalten. Mit
einem weiteren Abbau von Postfilialen ist aktuell nicht zu rechnen: «Alle laufenden Poststellen im Birseck bleiben vorerst erhalten», sagt Werner. Zudem habe er bei der Kundschaft einen Wandel wahrgenommen: «Kundinnen und Kunden, die der Agentur oder dem Hausservice anfänglich kritisch gegenüberstanden, haben sich an die neue Situation gewöhnt.»

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