«Naturschutz ist ein Kampf gegen Windmühlen»

Andy Schären und Denise Brönnimann setzen sich für mehr Naturschutz in Papua-Neuguinea ein. Ein Projekt mit vielen Hürden.

Projektpartner: Die Inselgemeinschaft von Gonubalabala, zwei Reiseteilnehmende der Studienreise sowie Andy Schären (l.) und Denise Brönnimann (r.).

Projektpartner: Die Inselgemeinschaft von Gonubalabala, zwei Reiseteilnehmende der Studienreise sowie Andy Schären (l.) und Denise Brönnimann (r.).

Beruflich und privat ein gutes Team: Die Naturschützer Denise Brönnimann und Andy Schären. Fotos: Andy Schären/zVg

Beruflich und privat ein gutes Team: Die Naturschützer Denise Brönnimann und Andy Schären. Fotos: Andy Schären/zVg

Vor kurzem sind Andy Schären und Denise Brönnimann zurückgekehrt. Einen Monat hatten die beiden Naturschützer in Papua-Neuguinea auf einer Studienreise verbracht. Endlich – denn seit drei Jahren war eine Einreise in den pazifischen Inselstaat, der nördlich von Aus­tralien liegt, kaum möglich. Während der Pandemie war das Land – ähnlich wie sein Nachbar Australien – ­abgeriegelt.

Doch von vorne. Andy Schären, der zusammen mit seiner Partnerin Denise Brönnimann das kleine Büro Solidago Naturschutz GmbH in Reinach betreibt, ist seit vielen Jahren mit dem Inselstaat verbunden. Von 2000 bis 2002 lebte und arbeitete er in Papua-Neuguinea und setzte sich für nachhaltige Nutzung des Regenwaldes ein. «In jener Zeit habe ich das Land und die Leute kennen gelernt und konnte meine interkulturelle Kompetenz ausbauen», sagt Andy Schären. Denn die kulturellen Unterschiede zwischen Papuas und Europäern seien gross.

Viele Menschen in Papua-Neuguinea leben in teilweise verfeindeten Clans, die bis vor wenigen Jahren noch als Selbstversorger lebten. Zwar hatten westliche Kolonialmächte – zuerst Deutschland, später England und Australien – einen grossen Einfluss auf die Kultur der Papuas. Auch Englisch sprechen heute ­viele im Land. Dennoch sei ihre ursprüngliche Kultur in gewissen Teilen erhalten geblieben, erklärt Schären, was zu einem Clinch zwischen dem «Modernen aus dem Westen» und dem «Traditionellen» führe. Die mehr als 800 Sprachen, die noch heute gesprochen werden, zeigen, wie kleinteilig die gesellschaftlichen Strukturen sind.

«Die Menschen in Papua wissen zum Beispiel nicht wirklich, wie man mit Geld umgeht. So kann es passieren, dass sie ihr Land günstig an Rohstoffkonzerne verkaufen. Auch Korruption ist ein grosses Problem», führt der Geograf aus. Seit ­einigen Jahren sei das Augenmerk solcher Unternehmen verstärkt auf den Inselstaat gerichtet. Regenwald wird dann für Palmölplantagen abgeholzt. Damit verlören neben den Tieren allerdings auch die ­Indigenen ihre Lebensgrundlage.

Schären und Brönnimann haben seit 2017 drei Teilprojekte lanciert, mit de-nen Regenwaldflächen und Küstenge­biete geschützt werden sollten. Rund 350000 Franken kamen durch eigene finanzielle Mittel aus dem Unternehmen, Stiftungsgelder und Spenden zusammen. Der Planungshorizont für die Investition lag bei zehn Jahren.

Die Projekte hätten bis 2019 gut Fahrt aufgenommen, und erste Erfolge seien zu spüren gewesen. Die Kontakte zu lokalen Gruppen konnten stetig ausgebaut und ­gefestigt werden. Doch dann kam die Coronapandemie, die das Land in eine Krise stürzte. Versorgungsengpässe, Armut und Kriminalität hätten rasch zugenommen, erklärt Umweltingenieurin Brönnimann. Der Naturtourismus, auf dem auch das Projekt teilweise aufbauen wollte, ist seither praktisch zum Erliegen gekommen.

Ernüchternde Ergebnisse und ein neuer Projektfokus

Als das Paar im Januar vor Ort den Stand der Projekte prüfen wollte, sei es zu ernüchternden Erkenntnissen gekommen. «Wir haben rasch gemerkt, dass wir den Fokus ändern müssen. Wenn es den Menschen nicht gut geht, kann auch der Naturschutz nicht vorangehen», erklärt Schären. Deshalb wollen die Naturschützer künftig die Papuas noch stärker in Projekte einbinden. Mit Kursen und Workshops soll es einen Wissenstransfer geben. Weil das Land knapper und weniger fruchtbar werde, müssten neue Strategien für dessen nachhaltige Bewirtschaftung gefunden werden.

Der Austausch von Erfahrungen soll jedoch auf Augenhöhe stattfinden. «Es ist ganz wichtig, dass wir mit einer gewissen Demut an die Projekte herangehen», sagt Brönnimann. Obwohl sich viele andere Organisationen mittlerweile aus dem Land zurückgezogen haben, wollen Schären und Brönnimann dranbleiben – trotz der grossen Herausforderungen.

Naturschutz auch bei uns zu wenig im Fokus

«Viele unserer Berufskollegen sind fata­listisch geworden. Es sei eh schon zu spät, um im Naturschutz noch etwas zu bewegen, meinen sie. Naturschutz ist ein Kampf gegen Windmühlen.» Dies sei jedoch nicht nur in Übersee so. Auch in der reichen Schweiz werde dem Naturschutz noch immer nicht der Wert beigemessen, der ihm zustehe, so Brönnimann. Das Reinacher Unternehmen lebt vor allem durch Aufträge von Gemeinden. Da werde jedoch oft beim Geld geknausert. «Mich macht es traurig, dass oftmals die Wertschätzung für unsere Arbeit fehlt. Aber wir machen weiter», hält Schären fest.

Weiter geht es für das Paar ab diesem Frühling auch privat: In Griechenland haben sich die beiden Naturschützer ein Stück Land gekauft. Das Ziel: über kurz oder lang auszuwandern, das Land ökologisch verträglich zu bewirtschaften und davon leben zu können.

Wie es mit dem Unternehmen in Reinach weitergeht, ist noch offen. Aktuell sucht das Team einen Geschäftsführer. Denise Brönnimann wird vorerst noch in Reinach bleiben, während Andy Schären sich ab Mai um die Fläche in Griechenland kümmert. Ideen für weitere Projekte gäbe es auch schon. «Wir brauchen die Herausforderung einfach», sagt Schären.

Ob das möglichst autarke Leben in Griechenland klappt, wissen Andy Schären und Denise Brönnimann noch nicht – das geben die beiden mit einem Lachen zu. Aber einen Versuch ist es wert, da sind sie sich einig. Und Papua-Neuguinea ist schliesslich auch von Griechenland aus erreichbar.

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