Lebensmittel verschenken statt verschwenden

Am letzten Samstag wur- de in Reinach der erste öffentliche Kühlschrank im Baselbiet aufgestellt. Er ist einer von 60 Stück des Projekts «Madame Frigo».

Weniger Foodwaste, mehr Menschlichkeit: Initiantin Eveline Frey vor dem ersten «Madame Frigo»-Kühlschrank
Weniger Foodwaste, mehr Menschlichkeit: Initiantin Eveline Frey vor dem ersten «Madame Frigo»-Kühlschrank

Durch den Lebensmittelkonsum in der Schweiz fallen im In- und Ausland über alle Stufen der Lebensmittelkette 2,8 Millionen Tonnen Food Waste pro Jahr an. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesamt für Umwelt, und dieses Ergebnis zitierte auch Initiantin Eveline Frey in ihren einleitenden Worten bei der Einweihung des ersten «Madame Frigo»-Kühlschranks im Baselbiet. «Madame Frigo» ist ein Projekt von ursprünglich vier Berner Studentinnen und entstand 2014. Deren Idee war so einfach wie nachhaltig: Mit nicht mehr als einem Standort, Strom und einem Kühlschrank lässt sich Lebensmittelabfall vermeiden. Die einen befüllen den Kühlschrank mit Sachen, die noch gut sind, die sie aber nicht mehr brauchen, die anderen holen sie sich heraus. Inzwischen gibt es schweizweit 60 Kühlschränke dieser Art. Die Reinacherin Eveline Frey überzeugte dieser Ansatz sofort. Als Mitglied des Vereins Phari, der sich seit 2015 für Menschen am oder unter dem Existenzminimum einsetzt, war für sie klar: Solch ein Kühlschrank muss nach Reinach. Dieser steht jetzt an der Habshagstrasse 4, am Platz der ehemaligen Post Surbaum.


Eigeninitiative bringts
Zwischen 20 und 30 Personen waren am Samstagmorgen bei kühl-feuchtem Spätsommerwetter zur Einweihung gekommen, darunter auch Vertreterinnen der Gemeinde und des Quartiervereins Reinach Nord. Ohne den Verein, die Gemeinde und andere sei es nicht gegangen, meinte Frey dankbar. Gemeinderätin Doris Vögeli wies allerdings darauf hin, dass es entscheidend von der Eigeninitiative einer Privatperson abhänge, ob solch eine Aktion möglich sei: «Das Projekt setzt bei eigenverantwortlichem Denken und Handeln an und fördert dieses.» Heute, wo der Ruf nach dem Staat schnell laut würde, zeige die Initiative von Eveline Frey, dass Einzelne etwas bewirken könnten. Natürlich nicht ohne Hilfe: Andreas Dolzan stellte den Standplatz zur Verfügung, die Firma Electrolux spendete den Kühlschrank, und beim Quartierverein fand Frey fünf Frauen, die nun zusammen mit ihr den Unterhalt besorgen. Von Montag bis Samstag wird der Kühlschrank täglich kontrolliert, wenn nötig geputzt und gepflegt.


Gute Nutzung, kaum Vandalismus
Ein Kühlschrank auf der Strasse, öffentlich zugänglich und benutzbar, kann das gut gehen? «Zu unserem Erstaunen hat sich jede Form von Vandalismus in den letzten sechs Jahren sehr in Grenzen gehalten», so Jana Huwyler, Geschäftsführerin von «Madame Frigo». Was manchmal vorkomme, sei, dass die Kühlschränke mit Stiften verunstaltet würden. Ausserdem habe sie anfänglich Respekt davor gehabt, ob die eingelagerten Lebensmittel abgeholt würden und ob sich der Kühlschrank zu einer Deponie entwickeln würde. «In sechs Jahren mussten wir praktisch nie etwas aus dem Kühlschrank entfernen. Alles, was reinkommt, kommt auch wieder raus», sagt Huwyler. Diese Erfahrung konnte auch das Reinacher Team bereits machen: «Wir hatten Peperoni, Zucchetti, Käse, eine Banane, Salatsauce und Äpfel drin – fast alles ist schon wieder weg», konnte Eveline Frey am Montagabend berichten. Leider wurde aber auch das Putzmaterial mitgenommen. Frey: «Sehr schade, aber ich gehe jetzt mal davon aus, dass es jemand wirklich gebraucht hat.»

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