Das System nicht auf den Kopf stellen

29 Baselbieter Gemeinden, darunter alle Birsecker Gemeinden, lehnen die Ausgleichsinitiative und den Gegenvorschlag ab. Ein Lastenausgleich bei der Sozialhilfe führe langfristig zu höheren Kosten.

Die Gemeindepräsidien luden zur Medienkonferenz (v. l.): Marianne Hollinger (Aesch), Markus Eigenmann (Arlesheim) und Melchior Buchs (Reinach).  Foto: Tobias Gfeller
Die Gemeindepräsidien luden zur Medienkonferenz (v. l.): Marianne Hollinger (Aesch), Markus Eigenmann (Arlesheim) und Melchior Buchs (Reinach). Foto: Tobias Gfeller

Kommt die von elf von der Sozialhilfe besonders stark belasteten Gemeinden lancierte Ausgleichsinitiative durch, müsse man sich überlegen, das eigene Engagement für die Betreuung der Sozialhilfefälle zu kürzen, meinte vergangene Woche Reinachs Gemeindepräsident Melchior Buchs (FDP), der zusammen mit seinen Arlesheimer und Aescher Amtskollegen Markus Eigenmann (FDP) und Mari-anne Hollinger (FDP) Argumente darlegte, weshalb sowohl die Ausgleichsinitiative wie auch deren Gegenvorschlag abzulehnen sind.

Werden die Lasten der Sozialhilfe auf alle Gemeinden verteilt und über einen gemeinsamen Topf getragen, würden den einzelnen Gemeinden die Anreize fehlen, sich selber in der Bekämpfung der Sozialhilfekosten zu engagieren, befürchtet Buchs. Die Folgen wären dramatisch, warnt Eigenmann: «Die Gemeinden würden in diesem Bereich sparen und die Sozialhilfeausgaben im ganzen Kanton langfristig zwischen 20 und 30 Prozent steigen.» Investitionen in die Bekämpfung der Sozialhilfekosten innerhalb der Gemeinden würden sich aber lohnen, betonte Hollinger.

Härtefallbeiträge lockern

Buchs, Eigenmann und Hollinger verneinten nicht, dass es Gemeinden gibt, die besonders stark von Sozialhilfekosten betroffen sind. Man könne diesen aber helfen, ohne das System auf den Kopf zu stellen. Wichtigstes Instrument dafür sei der Finanzausgleich, der bereits jetzt dafür sorge, dass stark belastete Gemeinden unterstützt werden. Neu könnten unter anderem die Regeln zur Ausrichtung von Härtefallbeiträgen aus dem Ausgleichsfonds gelockert und damit den Zugang zu den Mitteln vereinfacht werden. Dies könne der Regierungsrat in eigener Kompetenz veranlassen. Damit könnte rasch und unverzüglich den betroffenen Gemeinden geholfen werden. Dafür das System auf den Kopf zu stellen, sei unnötig. Zudem glauben die 29 Gemeinden nicht, dass sich alle 86 Gemeinden auf eine Regelung für den Lastenausgleich einigen könnten. «Dann würde dies der Kanton übernehmen und für die Gemeinden die Entscheidungen treffen. Das ist doch genau das, was wir in den Gemeinden nicht wollen», warnt Buchs. Denn gerade bei der Sozialhilfe liege die Kompetenz bei den Gemeinden. «Wir sind näher am Ball. Wir kennen die betroffenen Menschen und können sie effektiver betreuen, was am Ende einer erfolgreichen Reintegration in den Arbeitsmarkt zugutekommt.»

Neben Aesch, Arlesheim und Reinach sagen auch Duggingen, Münchenstein und Pfeffingen Nein zur Ausgleichsinitiative und zum Gegenvorschlag. Letzterer weise den Mangel auf, dass er den wirklich bedürftigen Gemeinden zu wenig und solchen, die finanziell stark sind, unnötig viele Mittel bereitstelle. Von den 15 Gemeinden, die 80 Prozent der gesamten Sozialhilfekosten im Kanton Baselland stemmen, setzen sich 11 für ein doppeltes Nein ein. Die 29 Gemeinden machen 61 Prozent der Baselbieter Gesamtbevölkerung aus. «Ein starkes Signal», findet Markus Eigenmann. Ein Zeichen dafür, dass es langfristig allen Gemeinden guttun würde, Initiative und Gegenvorschlag abzulehnen. Auch jene, die von der Ausgleichsinitiative Stand jetzt profitieren. Dies wäre zurzeit auch Reinach, das 300000 Franken aus einem gemeinsamen Topf erhalten würde.

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