Maturitätsprüfungen: Die Ungewissheit war die grösste Belastung

Die abgesagten Maturitätsprüfungen sorgen bei Schülern mehrheitlich für Erleichterung. Das lange Warten auf eine Entscheidung sorgte aber für Missstimmung.

Aussergewöhnlicher Jahrgang: Gymnasiastinnen und Gymnasiasten schliessen ihre Schulzeit ohne Abschlussprüfungen,
Aussergewöhnlicher Jahrgang: Gymnasiastinnen und Gymnasiasten schliessen ihre Schulzeit ohne Abschlussprüfungen,

In diesen Tagen hätten die Abschlussprüfungen an den Gymnasien und Fachmittelschulen in den Kantonen Baselland, Basel-Stadt und Solothurn beginnen sollen. Zuerst wurden sie sistiert, vor zwei Wochen gab der Bundesrat bekannt, dass die Kantone selber entscheiden können, ob sie die Prüfungen durchführen wollen. In Baselland, Basel-Stadt und in Solothurn entschlossen sich die Bildungs- und Erziehungsdirektionen für eine Absage. Damit wolle man den Gesundheitsrisiken, der Chancengleichheit und der aktuellen Lern- und Lebensumstände Rechnung tragen, heisst es bei der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion Baselland (BKSD).

In die Maturitätszeugnisse fliessen jetzt nur Erfahrungsnoten ein. Was mit jenen Schülerinnen und Schülern passiert, die auf gute Noten bei den Prüfungen angewiesen waren, um den Notenschnitt noch zu heben, um die Matura zu bestehen, ist noch nicht geklärt. «Es werden Rechtsgrundlagen erarbeitet, damit Schülerinnen und Schüler, die aufgrund der Erfahrungsnoten die Bestehensnormen nicht erfüllen, eine Chance auf Notenverbesserung erhalten», betont die BKSD. Möglicherweise können sie spezielle Prüfungen ablegen. Die Maturitätszeugnisse sichern auch ohne Prüfungen die Studierfähigkeit und die Zulassung zu den Hochschulen.


Gute Vorbereitung nicht gewährleistet
Bei den angehenden Maturandinnen und Maturanden sorgt die Entscheidung mehrheitlich für Erleichterung. Dabei war der Inhalt der Entscheidung fast weniger wichtig als der Zeitpunkt, berichtet die Münchensteiner Gymnasiastin Amélie Fehlmann. «Ich vermisste eine frühzeitige Entscheidung, kann es aber natürlich nachvollziehen, dass die Situation für alle extrem schwierig ist.» Die 19-Jährige hatte sich bereits auf die Prüfungen vorbereitet und wäre gerüstet gewesen. Dennoch wäre die Ausgangslage nicht vergleichbar mit anderen Jahren gewesen. «Ich bin in einer Sportklasse und hätte in Volleyball und Geräteturnen eine Prüfung absolvieren müssen. Mich darauf vorbereiten konnte ich mich aber nicht, weil sämtliche Sportanlagen geschlossen sind.»

Im Grundsatz findet Amélie Fehlmann die in der Nordwestschweiz getroffene Entscheidung richtig, auch wenn sie die kritischen Stimmen zur Absage nachvollziehen kann. «Ich finde aber, dass eine Note übers ganze Jahr hindurch aussagekräftiger ist als eine einzige Prüfung, für die man grösstenteils auswendig lernt.»


Fernunterricht nicht vergleichbar
Wie Amélie Fehlmann kommt auch der Reinacher Gymnasiast Luca Koelbing mit den Erfahrungsnoten gut durch die Matura. Ein Scheitern wäre auch mit Prüfungen fast nicht möglich gewesen. Auch der 20-Jährige findet, dass der aktuell laufende Fernunterricht mit dem Präsenzunterricht nicht gleichzusetzen ist. «Nicht alle Lehrpersonen handhaben den Fernunterricht gleich. Mit den einen hat man mehr direkten Kontakt, mit den anderen weniger. Gerade in der Zeit vor den Maturitätsprüfungen ist es aber wichtig, dass man Fragen stellen kann. Und dies geht im persönlichen Gespräch einfach besser als per Telefon oder Videochat.» Es fehle das Zwischenmenschliche eines direkten Gesprächs, das womöglich eine Erklärung verdeutlichen und Unklarheiten lösen kann, betont Amélie Fehlmann. Deshalb sei auch eine Mehrheit seiner Kolleginnen und Kollegen glücklich mit der Entscheidung, die Prüfungen nicht durchzuführen, verrät Luca Koelbing. Dass ihre Maturazeugnisse nun weniger Wert haben, glauben beide nicht. Sie erinnern daran, dass auch bei einer normalen Matura die Vornoten ins Zeugnis miteinfliessen.


Abschluss ohne Abschied?
Eine Unsicherheit bleibt aber noch bestehen: Gibt es eine ordentliche Maturitätsfeier mit Zeugnisübergabe und können sie sich alle – Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen — nach vier gemeinsamen Jahren noch einmal direkt sehen und verabschieden?

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