«Die Lenk im Simmental ist wie eine zweite Heimat»

Letzten Sommer wurde der Roman «Wildstrubel» von Christoph Frommherz veröffentlicht. Im Gespräch erzählt der Münchensteiner von seinem neuesten Buch, von autofreien Sonntagen und vom schönen Berner Oberland.

Schreibt gerne noch von Hand: Christoph Frommherz an seinem Schreibtisch in Münchenstein. Foto: Tobias König
Schreibt gerne noch von Hand: Christoph Frommherz an seinem Schreibtisch in Münchenstein. Foto: Tobias König

Lenk im Jahr 1972: Der geplante Bau einer Verbindungsstrasse stört die Idylle auf der Lenk im Berner Simmental und spaltet die dort lebende Bevölkerung. Der junge Reto kämpft gegen die Überbauung an. Sein Kontrahent, der Sohn des Gemeinderats Peter, hingegen ist dafür. Dabei ist besonders brisant, dass beide auch noch in dieselbe Frau verliebt sind. Von dieser Ausgangslage aus entwickeln sich verschiedene Handlungsstränge, die die Leserschaft mitnehmen; zum Beispiel auf waghalsige Klettertouren im Berner Oberland oder an den Genfersee.

Obwohl die Personen im Roman «Wildstrubel» weitgehend frei erfunden sind, finden deren Handlungen in einem politischen Kontext statt, den es so durchaus gegeben hat. «Der Strassenbau war geplant und hat auch die Bevölkerung gespalten. Es gab ein Widerstandskomitee», erklärt Frommherz.

Ein Urgrüner mit einem abwechslungsreichen Lebenslauf

Der Autor Christoph Frommherz ist ein vielseitiger Mensch: Der ehemalige Land- und Gemeinderat war schon unter anderem als Geograf, als Taxifahrer und als Lehrer tätig. Politisch zählt sich Frommherz zu den «Urgrünen» und verweist stolz auf die Tatsache, dass er 1984 die Gruppierung «WIG Knoblauch» in Münchenstein mitgegründet hat. «Wir waren die erste grüne Gruppierung auf Gemeindeebene und haben auf Anhieb einen Sitz im Gemeinderat gewonnen.»

Grossen Einfluss auf seine politische Überzeugung hatten die Siebzigerjahre – also die Zeit, in der auch die Handlungen seines Romans stattfinden. «Was für ­meinen politischen Werdegang entscheidend war, waren die Erdölkrise mit den autofreien Sonntagen und dann auch Kaiseraugst.»

Zur Frage, weshalb dieses Buch im Gegensatz zu seinen anderen beiden Werken nicht in der Region spielt, antwortet Frommherz: «Die Lenk im Simmental ist sozusagen wie eine zweite Heimat. Seit über 55 Jahren bin ich jedes Jahr zwei bis drei Wochen dort», und über diese Heimat wollte er eine Geschichte schreiben. Einen Bezug zur Region gäbe es aber dennoch, denn die «Basler und Baselbieter gehen gerne auf die Lenk in die Ferien». Entsprechend bekannt sei das Simmental in der Region.

Automobilität als «heilige Kuh»

Wie der Protagonist Reto setzt sich auch Frommherz für den Landschaftsschutz ein. Von den aktuellen Plänen des Parlaments, der voraussichtlichen Energieknappheit entgegenzuwirken, indem Fotovoltaikanlagen in den Bergen gebaut werden sollen, hält er nicht viel. «Das ist eine gefährliche Entwicklung. Da gibt es Projekte, die jenseits sind, wo einfach ganze Berghänge mit Solaranlagen zugedeckt werden sollten», bemerkt er betrübt. «Es gäbe andere Möglichkeiten, um Energie zu sparen. Mit gewissen Einschränkungen wäre das problemlos möglich.» Dazu müsse aber «Mobilität anders gedacht werden.» Sprich, die Leute sollten «mehr zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs sein». Doch die «uneingeschränkte Mobilität ist eine heilige Kuh in der Schweiz». Im Buch werde diese allerdings «ein Stück weit geschlachtet».

Um herauszufinden, was er genau damit meint, muss die geneigte Leserschaft das Buch schon selbst lesen. Wer weiss, vielleicht geht dann auch sie schon bald ebenfalls regelmässig ins Simmental in die Ferien.

Christoph Frommherz, «Wildstrubel». Gmeiner Verlag. 256 Seiten. Ab 20 Franken.

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