Ein Chor klingt aus

Seit Januar dieses Jahres ist der Cäcilienchor Münchenstein nach 113 Jahren Existenz Geschichte. Mit einem letzten Auftritt möchte sich der Chor verabschieden.

Ein Bild aus vergangenen Zeiten: der Cäcilienchor Münchenstein. Foto: Zvg
Ein Bild aus vergangenen Zeiten: der Cäcilienchor Münchenstein. Foto: Zvg

«Hätte man uns vor zwei Jahren gefragt, wie die 113. Generalversammlung im Jahr 2021 ablaufen würde, hätten wohl alle gesagt: Na, gleich wie immer. Aber es kam ganz anders!» Claudia Bürgin, die Kommunikationsfrau des Cäcilienchores, erzählt freundlich und gefasst, doch das grosse Bedauern ist ihr anzumerken. «An der diesjährigen GV, welche, wie so viele andere auch, schriftlich abgehalten werden musste, wurde der Cäcilienchor Münchenstein von den verbleibenden 15 Mitgliedern aufgelöst.» Wie kam es nach 113 Jahren zu diesem Schritt? Bürgin sagt, die Lage habe sich über die Jahre immer mehr zugespitzt und es seien wohl verschiedene Faktoren verantwortlich: Zum einen die trotz intensiver Werbung niedrige Mitgliederzahl, zum anderen der Dirigentenwechsel 2019, den einige zum Abgang genutzt haben und natürlich auch die Folgen der Covid-19-Pandemie, die unter anderem für den Gesangsbereich dramatisch waren und sind. «Dazu kommt, dass wir keine Tenorstimme mehr hatten, doch ohne diese Stimme und mit diesen wenigen Mitgliedern ist es für einen Laienchor sehr schwierig», erklärt Bürgin.

Wichtige Kirchenmusik

Der Cäcilienchor Münchenstein wurde 1907 gegründet und ist so alt wie die Römisch-katholische Pfarrei Münchensteins. Denn, so berichtet Bürgin aus der Chronik des Chores, Papst Pius X habe in seinem Motuproprio, also dem kirchenmusikalischen Gesetzbuch von 1903, festgehalten: «Die Kirchenmusik ist ein wesentlicher Bestandteil der feierlichen Liturgie.» Bürgin, die im Cäcilienchor im Alt mitsang und von sich sagt, sie singe zum Lobe Gottes, weiter: «Bald fanden sich einige Herren zusammen, um mit Pfarrer Lötscher kirchlichen Gesang zu pflegen.» Am 16. Dezember 1907 fand die historische Gründung statt.

Der Anfang, berichtet Bürgin, sei nahezu so schwer gewesen wie jetzt das Ende, denn es waren zu Beginn nur sieben Herren, das Geld war knapp und die Pfarrei musste sich in der Diaspora behaupten. 1914 erfolgte die Fusion mit dem neu gegründeten katholischen gemischten Chor, was für die damalige Zeit ein besonderer Schritt war. Das Repertoire reichte in den Anfangszeiten von Choralgesängen bis zu mehrstimmigen Messen, wobei besonders in den ersten Jahren nur Messen aus der cäcilianischen Bewegung gesungen wurden, die sich stark gegen die verweltlichte Kirchenmusik einsetzte.

Bewegte Geschichte

Die 113-jährige Geschichte sei eine Zeit mit Höhepunkten, Krisen und Wandlungen gewesen, meint Claudia Bürgin: 1932 erfolgte die Einweihung der neuen Kirche St.Franz Xaver, ab 1939 ergaben sich stimmliche Engpässe durch den Krieg, die 50er-Jahre sahen einen grossen Aufschwung mit weit über 50 Sängerinnen und Sänger, 1951 erhielt die Kirche eine richtige Orgel, 1993 kam es zu einer Mitgliederkrise, als Organist und Dirigent Othmar Lehnherr entlassen wurde. Dazwischen immer wieder Jubiläen, die gross mit Festakten und Messen gefeiert wurden. Das alles scheint 2021 lange her und Claudia Bürgin sagt, die Zeiten und die Prioritäten hätten sich geändert: «Das Vereinsleben wird heute nicht mehr so gelebt wie damals. Ausserdem muss einem geistliche Musik liegen.» Auch der Aspekt, dass viele nicht mehr in der Gemeinde arbeiten und nach langen Arbeitstagen und -wegen sich nicht mehr für einen Chor aufraffen wollten, spiele eine wichtige Rolle. So kommen keine neuen Stimmen mehr nach, der Chor verstummt. Jedoch, vielleicht nicht ganz, denn es gebe die Möglichkeit eines Projekt-Chores für bestimmte Anlässe. Das sei dann aber ein neues Kapitel, das alte wird vorerst am 13. Juni im Gottesdienst mit einer Verabschiedung von der Gemeinde geschlossen.

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