Mit dem 10er-Tram durch die Gedankenwelt

Nächste Woche startet das Neue Theater mit dem neuen Team in die neue Saison. Das Wochenblatt konnte sich bereits einen Eindruck der Eröffnungsproduktion «Die fahrende Brücke» verschaffen.

Es geht los: Jonas Darvas (vorne), Jonas Gygax und das ganze restliche Team sind bereit für die Saisoneröffnung. Foto: Caspar Reimer
Es geht los: Jonas Darvas (vorne), Jonas Gygax und das ganze restliche Team sind bereit für die Saisoneröffnung. Foto: Caspar Reimer

Was früher «Neues Theater am Bahnhof Dornach» oder «neuestheater.ch» hiess, nennt sich jetzt schlicht «Neues Theater». Theaterbegeisterte in der Region wird aber vor allem interessieren, welcher künstlerische Geist mit dem neuen Team in das Haus einkehrt. Am kommenden Donnerstag, wenn mit der Produktion «Die fahrende Brücke» die Tore des Hauses wieder geöffnet werden, wird es das Publikum erfahren.

Die Inszenierung, die auch Freitag- und Samstagabend zu sehen ist, findet nicht im Saal, sondern im Studio, also im Foyer statt, womit der familiäre und nahbare Charakter des Theaters unterstrichen wird. «Die Nähe zur Community», wie Darvas es ausdrückt, solle weiterhin gelebt und gepflegt werden. So mutet auch der Handlungsschauplatz des Eröffnungsspiels, nämlich ein Tram der Linie 10, äussert lokal und vertraut an. Jonas Gygax, der dem hiesigen Publikum bereits aus früheren Produktionen bekannt sein dürfte und nun als Hausschauspieler für das Neue Theater fest angestellt spielt, verkörpert die Rolle des Protagonisten: ein an Demenz erkrankter Herr, der mit dem Tram zwischen Dornach und Rodersdorf unterwegs ist und damit auch – auf der Suche nach dem verlorenen Ich – in seine Vergangenheit eintaucht. «Die Handlung spielt sich einerseits im Tram, andererseits in der Gedankenwelt des Protagonisten ab», verrät Regisseur Darvas. Eine zweite Figur, genannt «Der Fremde» und gespielt vom in Arlesheim aufgewachsenen Film- und Theaterschauspieler Ilja Baumeier, zieht sich wie eine rote Linie durch die zwei Handlungsebenen, konfrontiert den Protagonisten mit sich selbst und seinen verborgenen Erinnerungen. Dabei entsteht zwischen den beiden Figuren ein sehr sehenswertes Wechselspiel. Die eine Szene, die das «Wochenblatt» bereits vorweg sehen durfte, verspricht ein Stück voller tiefgründiger, aber auch witziger Dialoge sowie schauspielerischer Feinarbeit.

Die Region als Kunstwerk

«Die fahrende Brücke» steht aber nicht nur für sich allein, sondern ist zugleich Auftakt eines Langzeitprojektes, einer neuen hauseigenen Sparte unter dem Titel «Die Vermessung der Dörfer».

«Die neue Sparte soll unsere geografische Lage, unseren Bezug zur Region betonen», sagt Darvas. Die Idee ist gewissermassen eine Weiterentwicklung der Trilogie «Chroniken von Dornach», bei der ein grosser Teil des neuen Theaterteams in der vergangenen drei Jahren künstlerisch mitgewirkt hatte, und die jetzt in anderer, erweiterter Form etabliert wird: «Wir laden Künstlerinnen und Künstler ein, in der Region auf Forschungsreise zu gehen», erzählt Darvas. Die angrenzenden und umliegenden Dörfer werden «mit all ihren Eigenschaften und Eckdaten, ihren Banalitäten und Besonderheiten erfasst und künstlerisch ausgewertet.»

Im Falle der nun bevorstehenden ersten Episode hatte sich Drehbuchautorin Noëmi Steffen – auch sie war bereits an den Dornacher Chroniken beteiligt – fünf Tage ins Tram gesetzt und die Szenerie beobachtet. Weil sie sich mehr zufälligerweise auch mit dem Thema Demenz beschäftigt hatte, ist ihr die Idee erwachsen, die Beobachtungen mit dem Thema zu verweben. Die Freude und spürbare Leidenschaft, mit der das Team die grosse Herausforderung angeht, ein etabliertes und erfolgreiches Kulturinstitut weiterzuführen, ist jedenfalls ansteckend. Auch für Schauspieler Jonas Gygax steht eine neue Erfahrung bevor: «Bisher wurde ich als Schauspieler für einzelne Produktionen beauftragt, nun bin ich Teil eines ganzen Theaters.»

Produktion von Dalit Bloch

Ein Schauspielhaus mit einem Team, das sich den klassischen Hierarchien grosser Opernhäuser widersetzt: «Auch ich als Regisseur oder Theaterleiter bin mir nicht zu schade, auch mal die Kaffeemaschine zu putzen», scherzt Jonas Darvas. Zwei Wochen später geht es weiter mit der Produktion «Because The World Is Round» von Dalit Bloch, die vor über einem Jahr Mitten in der Pandemie ein Theater für Menschen ab 60 Jahren gegründet hat und nun mit diesem Stück den Theaterkurs abschliesst. Für ihr Projekt hat Bloch den Basler Preis für sozialen Zusammenhalt gewonnen. Man darf gespannt sein. Die Premiere am 30. September ist bereits ausverkauft, für die Vorstellungen am 1. und 2. Oktober gibt es noch (wenige) freie Plätze. Informationen und Tickets: www.neuestheater.ch

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