Kampf gegen die Einsamkeit

In den Altersheimen wurden die Hygienemassnahmen nochmals verstärkt. Eine Herausforderung stellt das Besuchsverbot dar.

Neue Kontaktwege: Die beiden Stühle (links im Bild) vor dem Fenster erlauben den Kontakt zu Angehörigen. Foto: Caspar Reimer
Neue Kontaktwege: Die beiden Stühle (links im Bild) vor dem Fenster erlauben den Kontakt zu Angehörigen. Foto: Caspar Reimer

In Pflegeberufen sind strenge Hygienevorschriften normal. In der aktuellen Situation haben die Alters- und Pflegeheime ihre Schutzmassnahmen aber nochmals verstärkt. In der Stiftung Landruhe tragen die Mitarbeitenden aktuell permanent einen Mundschutz, die Bewohnerinnen und Bewohner einen, wenn sie Symptome einer
Erkältung oder Grippe haben, erklärt Heimleiter Dieter Kolitsch.

Ein Corona-Fall hätte für ein Heim gravierende Folgen: Sämtliche Mitarbeitenden, die mit der erkrankten Bewohnerin oder dem Bewohner zu tun hatten, müssten wohl in Quarantäne, was sogar zu einem Personalengpass führen könnte. Dies ist auch die grösste Sorge von Dieter Kolitsch: «Wir haben jetzt schon einzelne Mitarbeitende, die aktuell nicht arbeiten können, weil sie zur Risikogruppe gehören. Einen grösseren Personalausfall würde es nicht vertragen.» In einem solchen Fall müssten sich die Heimleiter im Birseck beim Regionalen Führungsstab Birs melden, der wiederum beim Kantonalen Krisenstab Verstärkung im Bereich Pflege anfordern würde. Das Personal ist in der aktuellen Zeit ein noch heikleres Gut als sonst. In der Stiftung Obesunne wurden die Abläufe und Zuständigkeiten organisatorisch und räumlich angepasst, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Die Mitarbeitenden als Kontaktpunkte zur Aussenwelt sind aber unausweichlich. Heimleiter Reto Wolf sensibilisiert seine Mitarbeitenden mit Plakaten und Postern.


Kontakt durch die Scheibe
Die grösste Herausforderung – vor allem für die Bewohnerinnen und Bewohner – ist das Besuchsverbot. Im Kampf gegen die Einsamkeit haben die beiden Arlesheimer Alters- und Pflegeheime ihre Aktivierungsangebote ausgebaut und bieten die Programme neu auch am Wochenende an, an denen die Bewohnerinnen und Bewohner sonst häufig Besuch empfangen. Die Gruppen dafür wurden teilweise verkleinert, die Programme verkürzt, um die Abstandsregeln einhalten zu können. Auch gibt es vermehrt Eins-zu-eins-Angebote der Aktivierung. «Wir setzen alles daran, dass niemand einsam sein muss», betont Reto Wolf. Dabei kommen vereinzelt auch Tablets für Videotelefonate mit den Angehörigen zum Einsatz. Die Stiftung Landruhe hat für die Kontaktaufnahme mit den Angehörigen einen speziellen Platz mit Stühlen und Tischen eingerichtet, bei dem die Bewohnerin oder der Bewohner im Heim sitzt und durchs Fenster ihre oder seine Angehörigen, die draussen sitzen, aus nächster Nähe sehen kann. Über ein Telefon können sie sich dann unterhalten. Doch die beiden Heimleiter sind sich einig: Muss das Besuchsverbot längerfristig aufrechterhalten bleiben, könnte sich dies negativ auf die psychische Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner auswirken. Von einer Ausgangssperre für ihre Bewohnerinnen und Bewohner wolle man aber nichts wissen. Bei jenen, die noch mobil sind und ab und zu alleine nach draussen gehen, sei das Verständnis und die Sensibilität gross. Glücklicherweise haben beide Heime einen grosszügigen Aussenbereich.


Senioren beim Einkaufen
Ältere Menschen sollten aktuell auf persönliche Kontakte möglichst verzichten. Doch noch immer kommt es vor – auch in Arlesheim – dass sie im Dorf unterwegs sind und hie und da einen Schwatz halten. Michael Harr, Geschäftsleiter der Pro Senectute beider Basel, spürt auch, dass die Weisung noch nicht bei allen angekommen ist. Er fordert aber auch Verständnis. «Man darf nicht einfach ältere Menschen verurteilen, weil sie Einkäufe erledigen. Nicht alle haben jemanden, der dies für sie erledigt.» Man dürfe jetzt nicht mit dem Finger auf jede ältere Person zeigen, die draussen ist. «Die ganze Situation fördert die Einsamkeit. Für viele ältere Menschen ist dies kaum zu ertragen.» Ältere Menschen pflegen soziale Kontakte persönlich und oftmals nicht über die sozialen Medien, so Michael Harr. «Gerade in einem Dorf, wo man sich kennt, sich normalerweise fast täglich antrifft, ist es besonders schwierig, nun plötzlich auf diese täglichen Begegnungen zu verzichten.»

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