Mit einem Food-Truck gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Brasilien

In Recife wurde der Arlesheimer Peter Rieser Opfer von kriminellen Strassenkindern. Statt sie zu verurteilen, hat er sich entschieden, ihnen zu helfen.

Weg von der Strasse, rein in die Küche: Der Verein «Streetworker Kinderhilfswerk Brasilien» will Jugendliche jenseits von Drogenkonsum und Bandenkriminalität eine berufliche Perspektive im Leben geben.  Fotos: ZVG

Weg von der Strasse, rein in die Küche: Der Verein «Streetworker Kinderhilfswerk Brasilien» will Jugendliche jenseits von Drogenkonsum und Bandenkriminalität eine berufliche Perspektive im Leben geben. Fotos: ZVG

Erfahrung, Kreativität und Herzblut: Peter Rieser will Strassenkinder in einem Food Truck zu Gastro-Profis ausbilden.

Erfahrung, Kreativität und Herzblut: Peter Rieser will Strassenkinder in einem Food Truck zu Gastro-Profis ausbilden.

In Brasilien leben etwa sieben Millionen Kinder auf der Strasse, in der Millionenstadt Recife haben rund 750 Kinder unter 18 Jahren kein festes Daheim. Viele von ihnen können weder lesen noch schreiben. Kommt dann noch Drogenmissbrauch und Kriminalität hinzu, ist es für diese Jugendlichen nahezu unmöglich, in der Arbeitswelt Fuss zu fassen.

Hier will Peter Rieser Abhilfe schaffen. Er gründete das «Streetworker Kinderhilfswerk Brasilien» (SKB). Mit diesem will er die auf der Strasse lebenden Kinder und Jugendlichen fördern und wieder in ihre Familien eingliedern. Neben Ausbildungsplätzen in Recife gehören auch Alphabetisierung, Suchtprävention und die Förderung des Umweltbewusstseins zum Programm. Der Verein arbeitet dabei mit zwei in Brasilien seit Jahrzehnten erfolgreichen Kinderhilfswerken zusammen.

Nachhaltig und ökologisch

Das selbsttragende Ausbildungsprojekt «Street Food Brasil» ermöglicht Strassenkindern eine Ausbildung als Koch, Hilfskoch oder Küchenhilfe. In einem Food-Truck können die Jugendlichen leckere, hochwertige Mahlzeiten vorbereiten und in den Strassen von Recife oder an Events verkaufen. Der Besuch einer Schule und die Teilnahme an berufsvorbereitenden Kursen ist Pflicht für die Lernenden. Die Ausbildungen schliessen mit einem landesweit anerkannten Diplom ab. Wichtig ist dem Initiator Peter Rieser auch die Sensibilisierung für den Umweltschutz. Der Food-Truck serviert nur in kompostierbarem Geschirr aus Zuckerrohr-Bagasse und verwendet die zu 100 Prozent biologisch abbaubaren To-Go-Becher.

Von Jugendbanden ausgeraubt

Peter Rieser ist gelernter Konditor und lebte mit seiner brasilianischen Frau während 28 Jahren in Recife. Er verfügt über viel Erfahrung und Kontakte im Gastrobereich und kennt die Situation in Brasilien bestens. Nachdem sein Strandrestaurant in Recife von einem Herbststurm hinweggefegt wurde, erlebte er die Auswirkungen der Jugendarbeitslosigkeit am eigenen Leib: Sein zweites Restaurant wurde wiederholt von bewaffneten Jugendbanden ausgeraubt. Die Angst vor Überfällen und das Ausbleiben der Gäste zwang die Riesers schliesslich, in die Schweiz zurückzukommen. Momentan arbeitet Peter Rieser in einem Flüchtlingsprogramm, das Menschen aus Krisengebieten bei gemeinnütziger Arbeit beschäftigt.

Die Überfälle auf sein Restaurant haben in ihm den Wunsch geweckt, gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Recife anzukämpfen: «Irgendwann sagte ich mir: Man darf diese Jugendlichen nicht verurteilen, sondern muss ihnen helfen.» Und er begann mit grossem Engagement, das Hilfswerk aufzubauen. Zusammen mit seiner Frau wird er das Projekt in Brasilien leiten und die Ausbildung der Jugendlichen in Recife übernehmen. Der Verein «Streetworker Kinderhilfswerk Brasilien» ist im Juli 2018 gegründet und vom Kanton als NGO anerkannt worden; er hat unterdessen 23 Mitglieder. Die Anschaffung des ersten Food-Trucks und einer Lernküche kostet 110000 Franken. «Danach ist das Projekt selbsttragend und benötigt keine Spenden mehr», betont Rieser. Die Finanzierung soll bis Ende Jahr stehen, mit den berufsvorbereitenden Kursen wird ab Oktober 2019 begonnen. Wer das Projekt unterstützen möchte, findet alle Informationen dazu auf der Homepage <link http: www.street-food-brasil.com>www.street-food-brasil.com.

Weitere Artikel zu «Arlesheim», die sie interessieren könnten

Arlesheim17.04.2024

«Wenn man sieht, dass alles funktioniert, gibt das ein gutes Gefühl»

Christine Kleewein hat den Arleser Märt während 17 Jahren geprägt. Am Samstag wurde sie vom Marktteam verabschiedet. An ihre Stelle treten drei neue…
Arlesheim10.04.2024

Offiziell eines der schönsten Dörfer der Schweiz

Arlesheim wird vom Verein «Die schönsten Schweizer Dörfer» mit dem Label «Best Swiss Villages» ausgezeichnet – als erste Gemeinde im Kanton.
Arlesheim03.04.2024

«Wir sind auf Freiwillige angewiesen, die sich um die Plätze kümmern»

Die Kompostberatung Arlesheim sucht Freiwillige, die an den Kompoststellen in den Quartieren Hand anlegen. Im Gegenzug gibt es frische Erde – gratis vor der…