Arleser Weltladen gibt Claro-Label auf

Neue Vertragsbestimmungen – unter anderem ein Sortimentszwang – führten zum Zwist mit der Claro Fair Trade AG.

Claro-Schriftzug abgedeckt: Der Weltladen in Arlesheim tritt neu unter der Bezeichnung «Werkstar Laden fairgissmeinnicht» auf.  Foto: Kenneth Nars
Claro-Schriftzug abgedeckt: Der Weltladen in Arlesheim tritt neu unter der Bezeichnung «Werkstar Laden fairgissmeinnicht» auf. Foto: Kenneth Nars

Benjamin Wieland

Das Wort «Claro» auf dem Schild über dem Schaufenster ist überklebt, auch auf der Website sind die fünf Buchstaben verschwunden: Seit Anfang Jahr darf sich der von der Stiftung Werkstar betriebene Weltladen an der Ermitagestrasse in Arlesheim nicht mehr «Claro Laden» nennen. Grund: Mitte 2012 verschärfte die Claro Fair Trade AG mit Sitz in Orpund, Kanton Bern, die Vertragsbedingungen für die landesweit 113 Läden – Arlesheim wollte diese nicht akzeptieren und wurde zu einer gewöhnlichen Verkaufsstelle degradiert. Per 1. Januar musste sich der Laden umbenennen. Er heisst seither «Werkstar Laden fairgissmeinnicht».

Laut Geschäftsführerin Regina Mori habe man sich vor allem am neu eingeführten «first claro»-Reglement gestört. Es besagt, dass von jeder Produktgattung auch ein entsprechendes Claro-Erzeugnis angeboten werden muss. Dazu ist wissenswert: Die Claro-Läden sind autonom. Sie profitieren vom Namen und vom Marketing des «Mutterhauses», müssen im Gegenzug jedoch viele Vorgaben erfüllen. Diese Bestimmungen wurden laut Mori auch beim Angebot verschärft: «Der neue Vertrag schrieb vor, dass wir bestimmte Claro-Produkte führen müssen, zum Beispiel Kaffee oder Reis. Wir haben aber auch Fremd- und Eigenmarken, die wir verkaufen wollen und nicht doppelt führen können.» Ausserdem seien die Läden als sogenannte Vertriebspartner dazu verpflichtet worden, neu eingeführte Produkte mindestens für ein halbes Jahr ins Sortiment aufzunehmen. Für den Laden hätte die Gefahr bestanden, dass er auf der unverkauften Ware sitzen bleibt und Verluste erleidet. Dies, weil die Händler die Produkte nicht an Claro zurückgeben können.

Reinach bleibt Claro treu

Die Claro Fair Trade AG bestätigt gegenüber dem «Wochenblatt», dass die Verträge mit den Vertriebspartnern geändert worden sind. «Wir haben Mitte 2012 neu eine 50-Prozent-Klausel aufgenommen, die besagt, dass die Hälfte der Produkte von Claro stammen muss», sagt Sprecherin Yolanda Roggo. «Wir haben dies getan, um gewährleisten zu können, dass die verkauften
Erzeugnisse auch wirklich aus fairem Handel stammen. Wir schützen damit unseren guten Namen: Wo fair trade draufsteht, muss auch Fair Trade drin sein.» Auch die anderen kolportierten Vertragsänderungen – der Sortimentszwang für neu eingeführte Produkte und die «Claro first»-Klausel – sind gemäss Zaugg korrekt.

Der Claro Fair Trade AG sei es bewusst, dass es Läden gebe, die Schwierigkeiten bekunden, die neuen Bestimmungen einzuhalten, gesteht Roggo ein. Die meisten Läden hätten die neuen Verträge jedoch akzeptiert, so fährt auch der Weltladen am Strittgässli in Reinach weiter unter der Claro-Flagge. Schweizweit seien bisher erst fünf Läden abgesprungen. «Diese können weiterhin unsere Produkte beziehen, sie dürfen sich einfach nicht mehr Claro-Laden nennen.»

Fairness auch gegenüber dem Personal

Mori wertet das Vorgehen der Fair Trade AG als Versuch, die Marke Claro zu stärken und den Vertrieb zu professionalisieren. «Die Weltläden müssen mit der Zeit gehen, dafür haben wir Verständnis», sagt Mori. Sie ist aber überzeugt, dass wegen der verschärften Verträge am Ende das Personal bluten müsse: «Weltläden haben keinen Riesenumsatz, und die Angestellten arbeiten meist ehrenamtlich. Auf ihrem Buckel die Marke zu straffen, ist aus unserer Sicht nicht richtig. Claro wirbt mit Fair Trade in der Dritten Welt. Es sollte aber auch das Personal in der Schweiz fair behandelt werden.»

Für die Stiftung für Konsumentenschutz in Bern ist der Fall Claro exemplarisch für den Wandel im Fair-Trade-Sektor. «Die Läden sollen weg vom alternativen Image, hin zu mehr Aktualität und Trends. So hat Claro einen Online-Shop aufgeschaltet und Produkte, die nicht mehrheitsfähig sind, aussortiert», weiss Geschäftsleiterin Sara Stalder. Für sie ist das Vorgehen von Claro nachvollziehbar: «Die Marke muss sich anpassen, es braucht wirtschaftliches Denken, sonst graben ihnen die Grossverteiler mit eigenen Fair-Trade-Linien immer mehr das Wasser ab.» Trotzdem müssten die Unternehmen, die mit fairem Handel werben, aufpassen, dass sie das Vertrauen und den Goodwill bei der Kundschaft nicht verspielen, ist Stalder überzeugt: «Denn das ist ja der Grund, warum die Konsumenten bereit sind, einen ziemlich hohen Preis zu zahlen.»

In Arlesheim scheint sich der Wegfall des Claro-Logos nicht auf den Ertrag auszuwirken. Die Bevölkerung kenne das Geschäft und komme weiterhin, sagt Mori, dem Vertrauen habe der Wegfall des Claro-Status nicht geschadet.

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