Nach einer erfolgreichen Saison gibt es nun Kritik am Kulturzirkus

Der Kulturzirkus hat sich im zweiten Jahr weiter etabliert. Aus dem ­Quartier gibt es nun aber Kritik wegen Lärm und der Verflechtung zwischen Verein und Politik.

Lauschig, aber lärmig: Der Kulturzirkus ist während der Sommermonate jeweils von Mittwoch bis Samstag geöffnet. Foto: Fabia Maieroni
Lauschig, aber lärmig: Der Kulturzirkus ist während der Sommermonate jeweils von Mittwoch bis Samstag geöffnet. Foto: Fabia Maieroni

Vergangene Woche waren am drittletzten Abend der Kulturzirkus-Saison gegen 400 Personen vor Ort, als «Elements of Floyd» auftraten. Es wurde wieder einmal deutlich, wie gut die Bevölkerung den Kulturzirkus auf der Zirkuswiese annimmt. Vereins-Co-Präsident Balz Stückelberger spricht von «überwältigenden Rückmeldungen». Der Kulturzirkus habe sich im zweiten Jahr nochmals stärker etablieren können. «Mit 170 Mitgliedern sind wir mittlerweile einer der grössten Kulturvereine in Arlesheim.» Der Verein werde auch für das kommende Jahr ein Bewilligungsgesuch beantragen.

Das freut jedoch nicht alle im Dorf. Eine Gruppe von Anwohnerinnen und Anwohnern vom Mattweg äusserte in eine E-Mail an den Gemeinderat und den Verein Kulturzirkus scharfe Kritik. Hinter der zuerst anonym geäusserten Kritik stehen unter anderem Marie Bubenzer, René Steinacher sowie Hansruedi und Maja Baumberger. Aber es seien noch viel mehr «hässige Leute», sagen sie einstimmig. «Die Mehrheit aus unseren Wohnblöcken stört sich am Kulturzirkus. Doch die trauen sich nicht, etwas dagegen zu sagen, weil sie sonst als Miesepeter hingestellt werden.»

Die Verärgerung bei den vieren sitzt tief. Sie sprechen von «Respektlosigkeit, grossem Frust sowie gestörter Abend- und Nachtruhe». Sie hätten nicht per se etwas gegen Kultur in Arlesheim, im Gegenteil. Es gehe um die Lautstärke und die Häufigkeit des Kulturzirkus, betont Marie Bubenzer. Diese Art von Kultur passe nicht in ein Wohnquartier, in dem es sonst schon sehr laut sei.

Viele Konzerte gingen länger, als dies angekündigt gewesen sei, kritisiert Maja Baumberger. Einschlafen unter diesem «Lärm» sei für sie fast nicht möglich. So gehe es auch ihren Kindern, sagt Marie Bubenzer. René Steinacher erzählt, er könne abends nicht mal mehr mit seiner Frau auf dem Balkon essen und reden. Und Hansruedi Baumberger kann nicht nachvollziehen, dass man für «diese kleine Bühne die ganze Gegend ­beschallen muss».

Gemeinderäte treten in den Ausstand

Der Kulturzirkus ist während der Sommermonate jeweils von Mittwoch bis Samstag geöffnet. Für gewöhnlich tritt am Donnerstag- und Samstagabend eine Musikformation auf. Insgesamt habe es letztes Jahr eine, dieses Jahr drei mit Namen geäusserte Reklamationen gegeben, zeigt Stückelberger auf. Eigene Lärmmessungen hätten auch bei den lautesten Konzerten gezeigt, dass die Vorschriften nicht überschritten wurden. Auch zeitlich halte man sich an die gesetzlichen Vorgaben und beende die Abende normalerweise um 22 Uhr.

Dass der Kulturzirkus in dieser Form und Lautstärke überhaupt möglich sei, habe auch damit zu tun, dass sich viele Politikerinnen und Politiker beim Verein engagieren, glauben die Kritikerinnen und Kritiker. Gemeindepräsident Markus Eigenmann und Gemeinderat Jürg Seiberth sind Teil des Organisations­komitees. Hat der Kulturzirkus also mehr Freiheiten, weil zwei Gemeinderäte und andere bekannte Politikerinnen und Politiker aktiv mitwirken? Gemeindepräsident Markus Eigenmann stellt klar: «Bei allen Geschäften, die den Kulturzirkus betreffen, treten Jürg Seiberth und ich im Gemeinderat in den Beratungen und in der Abstimmung in den Ausstand. Das betrifft insbesondere auch die ­Bewilligungen.»

Zur Kritik der Gruppe, dass das Quartier um die Zirkuswiese schon ohne Kulturzirkus von Lärmimmissionen geplagt werde, entgegnet Markus Eigenmann, dass die Mehrheit der Rückmeldungen aus dem Quartier positiv sei. Zur Kritik, dass rund um die Zirkuswiese heute schon viel los ist, erinnert Eigenmann daran, dass der Grossteil der Veranstaltungen in Arlesheim im oberen Ortsteil stattfindet.

Über die Programmplanung reden

Dass alle drei Reklamationen dieses Jahr im August kamen, sei kein Zufall gewesen, meint Balz Stückelberger. «Gegen Ende der Saison häuften sich die lauteren Konzerte. Das hatte mit der Programmgestaltung zu tun. Es ist klar, dass wir darüber reden müssen.» Obwohl sich eine grosse Mehrheit über den Kulturzirkus freut, wolle man die reklamierende Minderheit ernst nehmen, versichert Stückelberger.

Die Kritik an der Verstrickung der Politik im und mit dem Verein Kulturzirkus kann der FDP-Landrat «irgendwie auch nachvollziehen». Rechtlich sei aber alles sauber aufgestellt. «Es ist doch toll, dass sich Politikerinnen und Politiker auch für das Dorfleben engagieren. Wir machen etwas für alle und wir freuen uns, dass dies beim Publikum auch so angekommen ist.»

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