«Nachhaltigkeit» durchdringt alle Lebensbereiche

Die Frischluft lud am Samstag in Kooperation mit Weleda zum Rundgang ein. Thema der zwei Stunden war «nachhaltig Leben in Arlesheim».

Was uns meist verborgen bleibt: Weleda-Gärtner Henrick Hoeren zeigt anhand eines Schaukastens, was sich unter der Erde abspielt. Foto: Fabia Maieroni
Was uns meist verborgen bleibt: Weleda-Gärtner Henrick Hoeren zeigt anhand eines Schaukastens, was sich unter der Erde abspielt. Foto: Fabia Maieroni

Die Natur schonen und Ressourcen sparsam verwenden: Das Bewusstsein für ein «nachhaltiges Leben» ist in den vergangenen Jahren in unserer Gesellschaft grösser geworden. Doch was heute schon fast ein Modewort ist, hat seinen Ursprung im frühen 18. Jahrhundert: Hans Carl von Carlowitz, ein sächsischer Oberberghauptmann, führte den Begriff Nachhaltigkeit im deutschsprachigen Raum wohl als Erster ein, um damit ein forstwirtschaftliches Prinzip zur Holznutzung zu beschreiben. Dabei sollte die natürliche Regenerationsfähigkeit des Waldes berücksichtigt werden: Man sollte also nicht mehr Bäume fällen, als im gleichen Zeitraum nachwachsen können, erklärte Gemeinderat Felix Berchten (Frischluft), selbst Forstingenieur, den rund 30 Teilnehmenden auf einem Spaziergang an der Birs. Etwa die Hälfte des Arlesheimer Gemeindegebietes ist Wald, ein Grossteil davon kantonales Naturschutzgebiet. Ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere – und gerade in Arlesheim sei der Wald besonders artenreich, führte Berchten aus. Da der Wald heute allerdings auch Naherholungsgebiet für eine stetig wachsende Zahl von Menschen ist, müssten Besucherströme entsprechend gelenkt werden. «Seien Sie der Gemeinde also nicht böse, wenn einige Wege teilweise gesperrt sind», sagte der diplomierte Forstingenieur ETH mit einem Augenzwinkern. Während der Begriff der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft schon lange verwendet wird, ist er in der Landwirtschaft vergleichsweise neu. Agronom Marcel Liner erklärte der Gruppe, dass in der Schweiz jährlich eine Fläche so gross wie der Zugersee verbaut werde. Durch den grossen Siedlungsdruck sei die Landwirtschaft heute mehr denn je gefordert. «Klar ist, dass wir alle von der Landwirtschaft abhängig sind.» Die Aufgaben der Landwirte hätten sich über die Jahrzehnte allerdings stark verändert: «Bäuerinnen und Bauern sind heute nicht mehr nur Produzenten, sondern ebenfalls Dienstleister.» Auch die Förderung der Biodiversität sei heute eine Aufgabe der Schweizer Bauern. Die beiden landwirtschaftlichen Betriebe, die in Arlesheim noch aktiv sind, bewirtschaften ihr Land nach den Grundsätzen der biologischen Landwirtschaft. Auf den Feldern nahe der Birs stünden im Sommer deshalb zwischen dem Getreide sogenannte Ackerbeikräuter wie beispielsweise Mohn. Diese seien besonders für die Biodiversität sehr wichtig, führte Liner aus.

Erblühen und verwelken

Zurück beim Weleda-Hauptsitz begrüsste Geschäftsleitungsmitglied Michael Brenner die Gruppe mit einer Einführung über die Werte des Unternehmens. Seit genau 100 Jahren ist Weleda fest in Arlesheim verankert und setzt sich hohe Ziele: «Der Welt soll es mit Weleda besser gehen als ohne», sagte Michael Brenner überzeugt. In fünf Jahren soll das Unternehmen deshalb klimaneutral wirtschaften, wobei bei der Analyse deutlich mehr Faktoren einbezogen würden, als in anderen Unternehmen, versicherte Brenner. Auch an der Umweltverträglichkeit der Verpackungen arbeite Weleda stetig weiter.

Anschliessend wurden die Teilnehmenden in vier Gruppen eingeteilt. Weleda-Gärtner Henrik Hoeren nahm eine Gruppe mit in den Schaugarten, wo er die Grundsätze des biodynamischen Anbaus erklärte. Im Weleda Schaugarten wachsen grösstenteils Heilpflanzen, ­diese würden jedoch nicht für die Produktion verwendet, sondern dienten als Anschauungsmaterial, erklärte Hoeren. Die Pflanzen machen deshalb auch ihre natürlichen Zyklen durch. «Gerade verwelkte Pflanzen bieten Unterschlupf und wichtige Nistmöglichkeiten für Tiere.» Der Schaugarten ist in verschiedene Zonen eingeteilt, immer entsprechend den Boden- und Lichtverhältnissen angepasst. In den Übergangszonen sei am meisten Biodiversität zu finden, erklärte der Gärtner und appellierte an die Anwesenden, den eigenen Garten deshalb nicht zu sehr «aufzuräumen».

Nachhaltigkeit beim Bauen

Vieles hätten die Teilnehmenden über den Garten und seine Pflanzen weiter erfahren wollen, doch die Zeit drängte und so machte sich die Gruppe auf den Weg zum 2018 fertiggestellten, neuesten Gebäude der Weleda. Bei dem Bau, der zu 90 Prozent aus Schweizer Holz besteht, sei die Nachhaltigkeit ein wichtiges Kriterium gewesen, erklärte Michael Brenner, der seitens Weleda für die Planung zuständig war. Vier Faktoren beeinflussten die Nachhaltigkeit des Gebäudes: Die Wahl der richtigen Materialien, eine verträgliche Heiz- und Kühllösung, die Rezyklierbarkeit der verwendeten Materialien sowie die Wahl regionaler Handwerksbetriebe. Die Heizung des Gebäudes, das nach Minergie P Standards gebaut wurde, ­verläuft in Rohren durch die Decke. Dadurch, dass im Sommer ungefähr vier Grad kühles Wasser durch diese Röhren geleitet wird, kann die «Heizung» den Bau auch kühlen: «Etwa sieben Grad Differenz schaffen wir damit zur Aussentemperatur – ohne eine Klimaanlage», erklärte Brenner. «Wir konnten ein Gebäude realisieren, in dem unsere Mitarbeitenden in einem gesunden Klima arbeiten können.»

Nach einem kurzen Rundgang in den Büroräumlichkeiten lud Weleda die Teilnehmenden im Anschluss zu einem vegetarischen Apéro ein – auch hier war Nachhaltigkeit oberstes Gebot.

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