Schwitzen für Schanghai

Vergangene Woche trainierten die besten Berufsleute aus der Maschinen-, Elektro- und Metallindus­trie in Arlesheim für internationale Wettkämpfe.

Echte Profis: Die Kandidaten mussten sich im Updown Basel in Arlesheim komplexen Aufgaben stellen. Foto: ZVG
Echte Profis: Die Kandidaten mussten sich im Updown Basel in Arlesheim komplexen Aufgaben stellen. Foto: ZVG

Wer derzeit an Meisterschaften denkt, sieht vor dem geistigen Auge meist einen weissen Ball auf grünem Rasen und ein paar Männer, die versuchen, ihn ins eine oder andere Tor zu befördern. Dabei gibt es doch Wettkämpfe ganz anderer Art, auch welche, die mit Sport im engeren Sinne gar nichts zu tun haben und von ihren Teilnehmern trotzdem Höchstleistung fordern: Dario Flükiger, Mario Liechti, Adrian Matthys, Jan Meier, Yunus Ruff und Silvan Wiedmer: Es sind diese sechs jungen, klugen Köpfe, die im vergangenen Jahr für die eidgenössische Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie den Titel Schweizer Meister an der Berufsmeisterschaft Swiss Skills erkoren haben. «Die besten unserer Berufsleute kämpften auf höchstem Niveau um den Titel», teilte der Branchenverband Swissmem mit. Dieser Erfolg ist für die Talente nur eine erste Zwischenstufe auf dem Weg nach Graz, wo Ende September die Europameisterschaft der Berufe, Euro Skills 2021, stattfindet und nach Schanghai, wo sie 2022 antreten werden, um sich mit den besten der Welt zu messen.

Zu Gast bei Uptown Basel

Swissmem hatte seine Jungtalente vergangene Woche zu einem zweitägigen Vorbereitungstraining ins Uptown Basel in Arlesheim eingeladen. Auf dem 70 000 Quadratmeter grossen Areal, ein Anziehungspunkt für Hightech-Firmen aus der ganzen Schweiz, wurden die jungen Männer unterstützt, gefordert und motiviert, Blut zu schwitzen und ihr Bestes zu geben. «Für uns ist es sehr wichtig, den Stand der Vorbereitung unter realen Bedingungen zu überprüfen», sagt Oliver Habegger, Leiter Berufsmeisterschaften bei Swissmem. Die Athleten setzen sich im Hinblick auf die Meisterschaften zwar schon im Betrieb mit der Materie auseinander, aber: «Während dieser beiden Tage sind sie mit ähnlichen Aufgaben konfrontiert, wie sie an den Wettkämpfen in Graz oder Schanghai vorkommen können.»

Die Berufsleute arbeiteten am Mittwoch und Donnerstag mit den Betreuern und internationalen Experten eng zusammen, übernachten auswärts – weg von zu Hause: «Die Sportpsychologen sehen so, wie sich die Kandidaten in dieser Situation zurechtfinden und sich weiterentwickeln.»

Faszination Technik

Die sechs Talente treten in vier Disziplinen an: Automation, Industry 4.0, Elektronik und Konstruktion. «Wir müssen bestehende Systeme mit neuen Technologien erweitern. Dabei benötigen wir gute Kenntnisse über die Funktionalität der Anlage sowie ein gutes Verständnis für die neu einzubauenden Technologien», so Silvan Wiedmer über die zu lösende Aufgabe. Und Kollege Yunus Ruff, der zusammen mit Wiedmer die Disziplin Industry 4.0 vertritt, ist «durch langjähriges Interesse an Digitalisierung und Internet» zu seinem Beruf gekommen. Mario Liechti hatte sich schon als Kind für Elektronik interessiert, ist ihr treu geblieben und hat sie nun zum Beruf gemacht: «Es macht Freude, am Ende eines Projektes ein funktionierendes Produkt in den Händen zu haben.» Als Einziger tritt er in der Disziplin Elektronik an, und Jan Meier vertritt solo die Disziplin Konstruktion: «Ich bekomme an jedem Wettkampftag in Graz eine Aufgabe, anhand der ich komplexe 3D-Modelle von Einzelteilen oder Baugruppen sowie Explosionsansichten oder Animationen erstellen muss.» Für die Disziplin Automation steigen Adrian Matthys und Dario Flükiger ins Rennen.

Unterschiedliche Mentalitäten

An den bevorstehenden Euro- und Weltmeisterschaften müssen sich die Berufsleute mit Fachkräften anderer Länder messen. Auf die Frage, ob es wichtig sei, etwas über die Industrie und den Entwicklungsstand der anderen teilnehmenden Länder zu wissen, erzählt Habegger: «Durch die Erfahrungen wissen wir, wer die harten Konkurrenten sind und wie sie sich auf die internationalen Anlässe vorbereiten.» Die meisten Konkurrenten würden während Jahren ausschliesslich für diesen Event trainieren, in einigen Ländern sogar in Internaten. «Unsere Kandidaten sind dagegen Lernende oder solche, die vor kurzem ihre Lehre abgeschlossen haben. Alle arbeiten zurzeit in ihren Betrieben und absolvieren die Vorbereitungen nebenbei.» Die Schweizer-MEM-Industrie aber, sie könne sich auf jeden Fall sehen lassen, aktuell läuft etwa ein Reformprojekt zur Digitalisierung der technischen Industrie-Berufe. «Die Schweiz ist immer führend und vorbildlich bei der Einführung von neuen Zukunftsdisziplinen.»

Neben dem Vorbereitungstraining nutzten Uptown Basel und Swissmem die Gelegenheit, eine «langfristige Gold-Partnerschaft» für die Berufswettkämpfe zu unterzeichnen. Die besten Schweizer Berufsleute der MEM-Industrie dürften also nicht zum letzten Mal in Arlesheim gewesen sein.

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