«Wir müssen es zu einer Einheit schaffen»

Nach nicht einmal zwei Jahren demissioniert Sylvester Ihuoma als Pfarrer der Seelsorgeeinheit Arlesheim/Münchenstein. Wie sein Vorgänger scheiterte er an strukturellen Problemen.

Unterschiedliche Ansichten: So friedlich wie hier auf dem Arlesheimer Domplatz ist es bei den beiden römisch-katholischen Pfarreien St. Odilia Arlesheim und St. Franz Xaver Münchenstein aktuell nicht.  Foto: Archiv / Axel Mannigel
Unterschiedliche Ansichten: So friedlich wie hier auf dem Arlesheimer Domplatz ist es bei den beiden römisch-katholischen Pfarreien St. Odilia Arlesheim und St. Franz Xaver Münchenstein aktuell nicht. Foto: Archiv / Axel Mannigel

Im Oktober 2018 stellten die römisch-katholischen Pfarreien St. Odilia Arlesheim und St. Franz Xaver Münchenstein Priester Sylvester Ihuoma als neuen Pfarrer und damit Nachfolger von Daniel Fischler vor. «Es war schön, zu sehen, wie viele Menschen sich mitfreuten und wie herzlich Sylvester Ihuoma aufgenommen wurde», schrieben die beiden Pfarreien nach den ersten Gottesdiensten auf ihrer gemeinsamen Website. Diese schönen Zeiten sind vorbei. Ihuoma hat im Juli seine Demission eingereicht. Bischof Felix Gmür hat sie vergangene Woche angenommen. «Manchmal spürt man, dass die eigene Mission zu Ende geht und dann muss man weiterziehen.» Er lege sein Schicksal in Gottes Hände, erklärt der Pfarrer.

Die Gründe für den frühen Rückzug Ihuomas liegen in den Strukturen der beiden Pfarreien. Kirchenrechtlich sind die Pfarreien Arlesheim und Münchenstein zwei unabhängig voneinander operierende Organe, als Seelsorgeeinheit sind sie pastoral in einer Leitungseinheit, die vom Pfarrer geführt wird, miteinander verbunden. Doch auch sechs Jahre nach dem Zusammenschluss haben die beiden Pfarreien noch immer nicht wirklich zueinandergefunden. Wie schon Daniel Fischler schaffte es auch Sylvester Ihuoma trotz seiner Qualitäten als Brückenbauer nicht, die beiden Welten zusammenzubringen, wie er es selber formuliert. Die Spannungen zwischen den beiden Pfarreien sind immer noch da. Er habe gespürt, dass unter der schwierigen Situation seine eigene Gesundheit und die Arbeit als Seelsorger leide. Doch genau darin sieht Sylvester Ihuoma seine Kernaufgabe als Pfarrer. Von der Seelsorge in Arlesheim und Münchenstein sei er nach wie vor begeistert. Doch er habe zusehends gespürt, dass auch er die strukturellen Schwierigkeiten der Seelsorgeeinheit nicht lösen kann.


«Mentalitäten sind unterschiedlich»
Der Arlesheimer Vize-Kirchgemeinderatspräsident Konrad Borer, der zurzeit auch die Aufgaben des Präsidiums ausführt, und der Münchensteiner Kirchgemeinderatspräsident Beat Siegfried bedauern den Rückzug von Sylvester Ihuoma. Beide sind sich einig, dass die Rahmenbedingungen, in denen Ihuoma wirken muss, nicht einfach sind. «Die Probleme innerhalb und zwischen den Pfarreien waren schon vor der Ankunft von Sylvester Ihuoma da. Dieser Situation wurde er nicht gerecht», erklärt Siegfried. Beide geben Ihuoma Recht, dass die beiden unabhängigen Pfarreien noch nicht wirklich zueinandergefunden hätten. «Die Mentalitäten zwischen den zwei Gemeinden als Ganzes, der Bevölkerung und der Kirchenvölker sind halt schon sehr unterschiedlich», gibt Siegfried zu bedenken. An der Kirchgemeindeversammlung im vergangenen Juni sprach Konrad Borer von Polarisierungen zwischen dem Seelsorgeteam und dem Kirchgemeinderat schon zu Zeiten von Daniel Fischer. «Dieses Spannungsfeld wurde zuweilen immer stärker und führte aufgrund unterschiedlicher Wahrnehmungen zu vielen Diskussionen.» Der Übergang zur Seelsorgeeinheit Arlesheim/Münchenstein zeigte sich als Herkulesaufgabe, so Borer weiter.


«Fehlender Respekt»
Unruhe kam bereits vor der angekündigten Demission von Sylvester Ihuoma auf. Es wurde bekannt, dass langjährige Mitarbeiterinnen gekündigt haben. Dazu gehörte auch Rita Hagenbach, die fast 14 Jahre lang bei der Pfarrei in Arlesheim tätig war. Auf der Website der Pfarrei verabschiedete sie sich am 7. Juli mit folgenden Worten: «Nun habe ich vor knapp eineinhalb Jahren festgestellt, dass ich in der Arbeitssituation nicht mehr glücklich bin. Dieses Gefühl hat sich in verschiedenen Facetten gezeigt. Es war keine einfache Zeit und hat sehr viel Kraft gekostet.»

Die Stimmung in der Pfarrei ist angespannt. An der Kirchgemeindeversammlung sprach Konrad Borer von Reibungen gegenüber dem Kirchgemeinderat. Respekt, Anerkennung und Wertschätzung der geleisteten Arbeit würden fehlen. Dafür stehe der Kirchgemeinderat wenig Loyalität und manchmal sogar Respektlosigkeit gegenüber. Borer schloss mit einer klaren Botschaft: «Ich wünsche den Mitarbeitern und der Kirchgemeinde die Einsicht, dass man nicht auf alte, ausgetretene Wege zurückkehrt und dass man Toleranz gegenüber anderen Meinungen aufbringt.» Zudem wünschte er der Kirchgemeinde Zukunftsfähigkeit und Zukunftsoffenheit. Borer machte die Kluft zwischen Zukunftsdenken und Rückwärtsgewandtheit deutlich.


Leitungseinheit wieder trennen?
Beat Siegfried bedauert zwar, dass es zur Demission von Sylvester Ihuoma gekommen ist, es habe aber auch ihr Gutes, wenn man das überhaupt so sagen könne. «Wir müssen es zuerst zu einer Einheit schaffen, bevor ein Nachfolger kommen kann», betont Siegfried. «Die Wogen müssen zuerst geglättet und der Boden gelegt werden.» Der Münchensteiner Kirchgemeinderatspräsident betont, dass auch die Strukturen angepasst werden müssen. «Es ist angedacht, in einem Zweckverband oder ähnlich zusammenzuarbeiten.» Für Siegfried wäre es am Ende vielleicht sogar am sinnvollsten, wenn man die Leitungseinheit wieder trennen würde.»

Beim Bistum Basel möchte man aktuell noch keine Stellung zu den Problemen in Arlesheim und Münchenstein beziehen. Es müssten zuerst Gespräche zwischen der Bistumsleitung und den beiden Kirchenpflegen stattfinden, lässt Bistumssprecher Hansruedi Huber ausrichten.

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