«Ihr seid mit den Problemen des Strukturwandels nicht alleine»

Die internationale Jury zeigte sich vom «vielseitigen Engagement» der Blauner Dorfbevölkerung beeindruckt und regte an, im September nach Ungarn zu reisen, um sich mit den anderen 55 Gemeinden des Europäischen Dorferneuerungspreises auszutauschen. Es gebe zwar eine Preisverleihung, doch der effektive Gewinn sei, dass man handelte anstatt resignierte.

Das sozial-gesellschaftliche Engagement spielt eine wichtige Rolle.» Die Jury der Europäischen Arbeitsgemeinschaft Landentwicklung und Dorferneuerung nahm Blauen unter die Lupe.

Das sozial-gesellschaftliche Engagement spielt eine wichtige Rolle.» Die Jury der Europäischen Arbeitsgemeinschaft Landentwicklung und Dorferneuerung nahm Blauen unter die Lupe.

Offen für Veränderung: Blauen im Fokus des Europäischen Dorferneuerungspreis 2016. Fotos: Bea Asper

Offen für Veränderung: Blauen im Fokus des Europäischen Dorferneuerungspreis 2016. Fotos: Bea Asper

Post und Einkaufsläden machen dicht, die Schule wackelt, Vereine verschwinden aus dem Dorfleben, Junge wandern ab, aus einstigen Prachtshäusern werden Ruinen, der ÖV wird weniger, aus lebhaften Dorfgemeinschaften werden gleichgültige Schlafgemeinden. Das ist der Strukturwandel, mit dem viele Gemeinden kämpfen, im Laufental-Schwarzbubenland, in der Schweiz, in vielen Teilen Europas.

Blauen habe nicht resigniert, sondern sei den schwierigen Weg der Dorferneuerung gegangen, habe Risiko auf sich genommen, lautete der erste Eindruck der vierköpfigen, internationalen Jury letzten Mittwoch nach ihrem mehrstündigen Dorfrundgang. Die Experten der «Europäischen Arbeitsgemeinschaft Landentwicklung und Dorferneuerung» lobten das Engagement der Blauner in den höchsten Tönen. «Zugpferd Dieter Wissler und seinen Gemeinderatskollegen ist es gelungen, mit vereinten Kräften von Jung und Alt sich einen Lösungsprozess zu erarbeiten», meinte Leonhard Rill vom Bayerischen Staatsministerium.

Nominiert für den europäischen Dorferneuerungspreis

Blauen ist als Vertreterin der Deutschschweiz in diesem Jahr mit über 50 anderen Gemeinden aus ganz Europa zum Dorferneuerungspreis angetreten und wurde nach Einreichen der Unterlagen letzte Woche vor Ort bewertet. Dem geplanten Begegnungszentrum mit innovativem Dorfladen (Regionale Produkte und 24-Stunden-Service), Dorfstübli und Kindertagesstätte komme sicher eine zentrale Bedeutung zu, doch der Umbau des alten Schulhauses in Seniorenwohnungen sowie der Einsatz des Jugendrates mit Unterschriftensammlung für den Erhalt des ÖV und der Aufbau einer Mitfahr-Zentrale mit bereits über 80 Anbietern seien ebenso wichtige Impulse und sprechen für den Ideenreichtum und die Vielseitigkeit dieser kleinen Gemeinde, meinte die Jury. Die deutsche Architektin Nadja Häupl nannte den Umbau des alten Schulhaus als vorbildlich: «Ein altes Wahrzeichen wurde nicht aufgegeben, sondern mit einem neuen Bedarf verknüpft.» Dass das alles nur im Dialog und mit Kompromissbereitschaft möglich war, erfuhr die Jury nicht nur vom Gemeindepräsidenten, sondern aus den persönlichen Schilderungen der Vertreter vom Dorfladen, von der Mitfahrzentrale, vom Jugendrat, von der Kita-Idee und von Seniorinnen und Senioren, welche die Dienstleistungen nutzen und schätzen. Betroffene berichteten zudem von ihren Neubauten und Projekten, wie Modernes und Altes in Einklang gebracht, Wohnraum für Zuzüger geschaffen und mit einer Tiefgarage das Parkplatzproblem in der engen Dorfstrasse gelöst werden kann, doch auch, dass dank der Offenheit von Gemeindebehörde und Gemeindeversammlung Visionen, (zum Beispiel auch ein Reitsportzentrum) verwirklicht werden können. Gleichzeitig werde der Schutz der Landschaft und Natur keineswegs vernachlässigt, sondern sei in einem vorbildlichen Meliorationsverfahren gefördert worden, attestierte das Amt für Landwirtschaft dem Dorf Blauen.

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