Personenkult oder Reformierung des heutigen Glaubens?

Die Reformation brachte nicht nur Änderungen in den Glaubensfragen, sondern löste auch den Deutschen Bauernkrieg aus. Der Historiker Thomas Brunnschweiler erläuterte in seinem Vortrag die soziologischen Aspekte der Reformationszeit.

Stellt Martin Luther vor: Thomas Brunnschweiler hat sich intensiv mit dem Leben in der Reformationszeit auseinandergesetzt. Foto: Gaby Walther
Stellt Martin Luther vor: Thomas Brunnschweiler hat sich intensiv mit dem Leben in der Reformationszeit auseinandergesetzt. Foto: Gaby Walther

Ideen zur Erneuerung und Wiederherstellung der ehemaligen Glaubensformen gab es bereits vor Martin Luther. Entscheidender Punkt, dass sich die Reformation durchsetzen konnte, war aber die Erfindung des Buchdrucks im Jahr 1450. Dabei hatte die Reformation nicht nur Auswirkungen auf den Glauben, sondern löste Strömungen wie die Renaissance und den Humanismus aus und war mitverantwortlich für den heutigen Individualismus.

Die Reformationszeit in einer Stunde zu erklären, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Trotzdem gelang es Thomas Brunnschweiler in seinem Vortrag im reformierten Kirchgemeindehaus in Laufen, einen guten Einblick in jene bewegende Zeit des 16. Jahrhunderts zu vermitteln. Den Schwerpunkt legte er dabei auf die Sicht der Betroffenen. Denn nebst Gewinnern gab es auch viele Verlierer. Die Thesen von Martin Luther untergruben die Autorität des Papstes und der Bischöfe. Die Städte, die sich im Aufschwung befanden, erhielten dadurch mehr Rechte. Die Aufhebung der Klöster brachte Geld für Spitäler. Anderseits verloren gerade Frauen die Möglichkeit, ein «unabhängiges», gebildetes Leben als Nonnen zu führen. Die Bauern, die sich mehr Freiheit erhofft hatten, wurden von Luther enttäuscht. Er hielt an der göttlichen Ordnung fest, die besagte, dass jeder sein Schicksal als gottgegeben annehmen müsse. Dadurch stärkte er die Macht der Fürsten. Die Bauer hingegen begann sich gegen das Ungleichgewicht der Rechte zu wehren, was zum Deutschen Bauernkrieg von 1525 führte. Dabei starben auf dem Schlachtfeld gegen 100000 Bauern.

Brunnschweiler zeigte auf, dass Luther zwar eine wichtige Bewegung ausgelöst hatte, aber keineswegs eine tolerante Person war. «Es gibt keinen Grund zur Verherrlichung von Luther», meinte der Historiker und warf die Frage auf, wie das Jubiläum «500 Jahre Reformation» gefeiert werden soll: «Mit einem Personenkult um Luther oder mit der Suche nach einer Reformulierung des Glaubens für unsere heutige Zeit?» Die knapp 40 Anwesenden liessen sich auf eine spannende Diskussion zum Thema Macht, Gewalt und Religion ein und Brunnschweiler regte an, sich intensiver mit den spannenden Persönlichkeiten der Reformation und deren Auswirkungen auseinanderzusetzen.

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