Volksnahe Bundespräsidentin stellte sich auch persönlichen Fragen

Zukunftspläne und «ein Schock im Herzen»: Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey stellte sich den Fragen der Reinacher – und das nicht nur als Politikerin.

Nahe bei den Leuten: Micheline Calmy-Rey besuchte Reinach für ein Gespräch mit der Bevölkerung. Foto: Lucas Huber
Nahe bei den Leuten: Micheline Calmy-Rey besuchte Reinach für ein Gespräch mit der Bevölkerung. Foto: Lucas Huber

Lucas Huber

Bonsoir.» Micheline Calmy-Reys strahlte mit einem Ausdruck der Rührung in die gefüllten Reihen des Gemeindesaals, als sie von den Reinachern freundlich, ja herzlich begrüsst wurde. Näher an die Leute kann eine Bundespräsidentin den Bürgern auch kaum kommen. Genau das betonte die Ende Jahr abtretende Bundesrätin und Aussenministerin denn auch eingangs des am letzten Donnerstag angesetzten «Bevölkerungsgesprächs». Es war einer von rund zehn dieser Art von Anlässen, die sie während des Präsidialjahres durch die ganze Schweiz führt: «Undenkbar wäre es in anderen Ländern, so direkt mit den Leuten zu sprechen.»

Madame Bilateral
So sassen die Gäste in der ersten Reihe so nahe, dass sie die Bundesrätin hätten berühren können. Doch nicht nur die fehlende räumliche Distanz machte das Aufeinandertreffen auf Micheline Calmy-Rey speziell: Die Bundespräsidentin gab sich nicht als Politikerin, die von der Kanzel herab predigt, sondern als volksnahe Besucherin, die sich auch persönlichen Fragen stellte. Natürlich hatte «Madame Bilateral», wie sie oft genannt wird, auch politische Fragen zu beantworten.

Ihre Rolle damals im Iran interessierte genauso wie ihre Haltung zur offensiven Finanzpolitik der Nationalbank oder zum Ansehen der Schweiz im Ausland. Auf den drohenden Kauf neuer Kampfjets angesprochen antwortete sie von der Leber weg: «Ich hatte einen Schock in meinem Herzen.» Es waren Statements wie dieses, die der Genferin Beifall brachten von einem Publikum, das mehrheitlich aus dem eigenen, dem sozialdemokratischen Lager stammte.

Ein neues Leben
Dann sprach sie über ihre schönsten Momente als Bundesrätin: die Rückkehr Max Göldis aus Libyen, die erfolgreichen Verhandlungen zwischen Armenien und der Türkei, die sie geleitet hatte. 15 Stunden habe man diskutiert, ergänzt sie lächelnd, «und danach war ich drei Wochen krank – aber es hat sich gelohnt». Müde sei sie auch heute, hatte sie zu Beginn erklärt. Ein Besucher sah dies ganz anders und meinte: «Ich empfinde Sie überhaupt nicht als müde. Ein bis zwei Legislaturperioden würden doch sicher noch gehen.»

Calmy-Rey lachte laut. An ihrem Entschluss gibt es nichts mehr zu rütteln. Wie sie ihre Zeit nach dem Abschied aus dem Bundeshaus verbringen wird, konnte die Grossmutter dreier Mädchen aber nicht sagen: «Ich plane nichts voraus, aber es beginnt ein neues Leben, und darauf freue ich mich sehr.»

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