Gleichberechtigung: Es geht um Haltung, nicht um die Erfüllung einer Quote

Die Reinacher Gespräche widmeten sich vergangene Woche der Gleichberechtigung. Das «Wochenblatt» wollte von Personalchef Steve Beutler wissen, wie es denn auf der Gemeindeverwaltung mit der Gleichbehandlung von Mann und Frau bestellt ist.

Gleichberechtigung zeichnet sich nicht nur durch Lohn aus: Steve Beutler, Leiter Personal und Controlling.  Foto: Caspar Reimer
Gleichberechtigung zeichnet sich nicht nur durch Lohn aus: Steve Beutler, Leiter Personal und Controlling. Foto: Caspar Reimer

Vor 50 Jahren wurde das Frauenstimmrecht im Kanton Basel-Landschaft eingeführt: Am 23. Juni 1968 stimmten die Baselbieter Männer mit 9374 gegen 4398 Stimmen für das kantonale Frauenstimm- und -wahlrecht. Nach Basel-Stadt war das Baselbiet damit der zweite deutschsprachige und der fünfte Schweizer Kanton, der seinen Bürgerinnen politische Gleichberechtigung zugestand. Anlässlich dieses Jubiläums widmeten sich die Reinacher Gespräche am Mittwoch vergangener Woche unter dem Titel «Mut tut gut!» dem Thema Gleichberechtigung von Frauen und Männern.

Als Zuhörer mit dabei war Steve Beutler, Leiter Personal und Controlling der Gemeindeverwaltung Reinach. Gegenüber dem «Wochenblatt» sagt er: «Die Gemeinde Reinach macht als Arbeitgeberin viel in diesem Bereich.» Die Reinacher Gespräche haben ihm aber vor Augen geführt, dass dies keineswegs selbstverständlich ist und wie lange es gebraucht hat, bis zum heutigen Stand zu kommen: 1968 war bereits der vierte Anlauf für das Frauenstimmrecht – 1926, 1946 und 1955 hatten die Baselbieter Männer das Begehren noch abgelehnt. Und noch heute beruhen 40 Prozent der Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern auf einer diskriminierenden Basis, sind also nicht durch Ausbildungsniveau oder Alter zu erklären. Ganz anders auf der Reinacher Verwaltung: «Wäre etwa Frau von Sury Reinacher Gemeindepräsidentin geworden und nicht Herr Buchs, würde sie genau dasselbe wie er verdienen.» Das Lohnmodell auf der Gemeindeverwaltung richtet sich nach Lohnklassen, bei denen das Geschlecht keine Rolle spielt.

Rollenmuster nach wie vor verankert

Gleichberechtigung zeichnet sich aber nicht nur durch den Lohn aus: «Wir haben auf der Gemeinde flexible Arbeitszeitmodelle, Teilzeitstellen sind sehr verbreitet und geniessen ein gutes Ansehen. So ist es für Frauen als auch für Männer möglich, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen», so Beutler. Aber auch er als Personalchef müsse sein eigenes Rollenverständnis in Bezug auf die Geschlechter immer wieder hinterfragen: «Es ist zum Beispiel so, dass auf dem Reinacher Werkhof ausschliesslich Männer arbeiten, während in den Kitas fast nur Frauen die Kinder betreuen.» Dieses Rollenverständnis sei in vielen Köpfen nach wie vor verankert: «Als Arbeitgeber muss man versuchen, dagegenzuwirken. Das beginnt schon bei der Stellenausschreibung», so Beutler. Die Gemeinde sucht aktuell eine Standortleitung Kita: «Traditionell eine Funktion, die eher Frauen zugeordnet wird. Aber selbstverständlich dürfen sich auch Männer melden.» Die Stellenausschreibung ist demnach so zu formulieren, dass sich Frauen und Männer gleichermassen angesprochen fühlen.

Diversität – das Zauberwort

Das Zauberwort für ein gutes Unternehmen lautet Diversity – also Diversität, was die Gleichstellung der Geschlechter mit einschliesst: «Mit einer guten Durchmischung profitiert ein Unternehmen von neuen Blickwickeln und zusätzlichem Fachwissen.» Dabei gehe es nicht darum, eine Quote zu erfüllen, sondern eine Haltung zu verinnerlichen: «Das versuchen wir in Reinach so zu praktizieren.»

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