«Ich bleibe maximal acht Jahre Präsident»

Melchior Buchs ist neuer Gemeindepräsident von Reinach. Der 61-jährige Ökonom will mit altem Ballast aufräumen und einen neuen Stil in die Reinacher Politik bringen.

Schätzt den Perspektivenwechsel: Melchior Buchs diesen Dienstag in seinem Büro im Business Parc Reinach.  Foto: Thomas Kramer
Schätzt den Perspektivenwechsel: Melchior Buchs diesen Dienstag in seinem Büro im Business Parc Reinach. Foto: Thomas Kramer

Mit dem FDP-Mann Melchior Buchs hat Reinach endlich wieder einen Gemeindepräsidenten. Zwar muss der Einwohnerrat an seiner Sitzung vom 19. März die Wahl noch offiziell erwahren, dies ist aber eine reine Formsache. Béatrix von Sury, die der Gemeinde seit dem Rücktritt von Urs Hintermann im September ad interim vorstand, hat die Geschäfte bereits am Montag ihrem Gemeinderatskollegen übergeben.

Kein König, aber Coach und Motivator

Mit Melchior Buchs soll nun ein neuer Stil in die Reinacher Politik einziehen: Er will kein Verwalter und Dorfkönig, sondern vielmehr Coach und Motivator sein. Dies will der Gemeindepräsident gleich mit seiner ersten Amtshandlung signalisieren: «Ich werde das Gespräch mit allen Parteien, Fraktionen und Kommissionen suchen und möchte von ihnen wissen, wie sie sich die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat vorstellen und was sie von ihm erwarten», so Buchs. Damit will er einerseits Transparenz schaffen, andererseits aber auch eine neue Diskussionskultur einführen: «In der Vergangenheit hat der Gemeinderat oft fertige Lösungen dem Einwohnerrat übergeben, was oft zu Widerstand und Referenden aus der Bevölkerung geführt hat. Ich möchte dagegen versuchen, alle beteiligten Parteien viel früher in den Partizipationsprozess einzubinden. So können besser gemeinsame Lösungen gefunden werden. Das ist zwar aufwendiger, lohnt sich aber auf jeden Fall.» Buchs greift dabei auf seine politische Erfahrung im Stadtrat von Thun zurück, wo die Dinge anders gehandhabt wurden als bisher in Reinach: «Wenn jemand ein Anliegen hat, sollten wir immer nach möglichen Lösungen suchen und nicht Reglemente vorschieben. Das wurde bisher leider häufig gemacht.» Buchs ist ein Macher-Typ und hält nichts von Sesselklebern. So kündigt er gegenüber dem «Wochenblatt» bereits an: «Ich bleibe maximal acht Jahre Präsident.» Zudem wird er im Business Parc Reinach weiterhin als Geschäftsführer tätig sein: «Ich schätze den Wechsel der Perspektive. Zudem sehe ich so besser, was die Leute bewegt, als wenn ich nur in der Verwaltung sitzen würde.» Nicht zuletzt geht es Buchs darum, das angeschlagene Vertrauen in den Gemeinderat wieder herzustellen – insbesondere seit der Asyl-Affäre. Dazu passend hat Buchs nach seiner Wahl bereits angekündigt, in dieser Sache bald reinen Tisch zu machen: Erste Priorität hat für ihn die Zukunft der ehemaligen Asylbetreuerin Farideh Eghbali, die zwar freigestellt wurde, aber nach wie vor bei der Gemeinde angestellt ist: «Da muss innerhalb der nächsten drei Monate eine Lösung stehen.»

Fotofinish bei vielen Leerstimmen

Das Resultat ist am Sonntag äusserst knapp ausgefallen: Mit 2562 Stimmen lag Buchs nur hauchdünn über dem absoluten Mehr von 2544 Stimmen – Béatrix von Sury kam auf 2452 Stimmen. Das Argument eines Neuanfangs in Zeiten einer lokalpolitischen Krise konnte offenbar genügend Wählerinnen und Wähler überzeugen, um Buchs den Sieg zu ermöglichen: Selbst aus SP-Kreisen wurden Stimmen laut, die Buchs zur Wahl empfohlen. FDP-Präsidentin Gerda Massüger dazu: «Der vermeintliche Nachteil von Melchior Buchs als Thuner wurde plötzlich ins Positive verkehrt.» Mit einem Mann von ausserhalb schien ein wirklicher Neuanfang möglich. «Buchs hat es zudem geschafft, sich als Herausforderer zu positionieren.» Ein Schönheitsfehler hat die Wahl allerdings: Mehr als 700 der 5087 eingesandten Wahlzettel waren leer oder ungültig.

CVP-Gemeinderätin Béatrix von Sury trägt ihre Niederlage mit Fassung und fügt hinzu: «In Anbetracht unserer begrenzten finanziellen Mittel darf ich mit diesem Resultat zufrieden sein. Sicherlich hat aber die auf mich gezielte Medienattacke meiner Wahl geschadet und wichtige Stimmen gekostet», so von Sury. Die «Basler Zeitung» hatte im Februar kurz vor dem Wahltermin in einem erneuten Artikel den Gemeinderat und insbesondere Béatrix von Sury wegen ihrer Rolle in der Asyl-Affäre nochmals angegriffen. Von Sury will nun ihr Amt als Gemeinderätin im Ressort Bildung und ergänzende Kinderbetreuung «weiterhin mit Freude betreuen.»

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