Wer will in den «Glaspalast»?

Bereits am 9. Oktober müssen die Reinacher Parteien ihre Wahlvorschläge für die zwei vakanten Gemeinderatsitze einreichen. Hinter den Kulissen ist die Suche nach geeigneten Kandidaten und das Abwägen möglicher Koalitionen im Gang.

Politisches Fingerspitzengefühl gefragt: Reinachs Parteien auf der Suche nach mehrheitsfähigen Kandidaten.  Foto: ZVG
Politisches Fingerspitzengefühl gefragt: Reinachs Parteien auf der Suche nach mehrheitsfähigen Kandidaten. Foto: ZVG

Nachdem die Reinacher «Asyl-Affäre» mit den Rücktritten von Gemeindepräsident Urs Hintermann (SP) und Gemeinderat Silvio Tondi (SP) in einem politischen Erdbeben gipfelte, stehen die Parteien nun unter Zeitdruck, für die am 26. November stattfindenden Ersatzwahlen geeignete Kandidaten zu nominieren.


SP unter Druck

Die SP, welche neben zwei Rücktritten auch einen parteiinternen Streit zu verkraften hat, «will die Gelegenheit nutzen, um frischen Wind und neue Kräfte in die Reinacher Exekutive zu bringen», wie SP-Vizepräsident Mikula Thalmann gegenüber dem «Wochenblatt» sagte, ohne aber konkrete Namen zu nennen. Dabei hat die Partei einige starke Persönlichkeiten in ihren Reihen. Die Präsidentin der Sachkommission Bildung, Soziales und Gesundheit (BSG), Christine Dollinger, etwa. Oder auch Parteipräsident Markus Huber. Beide gelten als sach- und lösungsorientiert sowie – und das ist letztlich mit Blick auf die Majorzwahl entscheidend – mehrheitsfähig.

Ob die SP beide freigewordenen Sitze halten kann, ist in Anbetracht der Vorgeschichte mehr als fraglich. Auf Unterstützung kann die SP nach wie vor von den Grünen zählen: «Wir zielen auf die Zusammenarbeit mit der SP Reinach», erklärt Präsident Marco Agostini. Die SP-Kandidaten dürfen wohl auch mit Unterstützung von der in Reinach oft links der Mitte politisierenden CVP rechnen. Offiziell gibt sich die Partei auf alle Seiten offen. Man suche mit den anderen Parteien das Gespräch, um «je nachdem deren Kandidaten zu unterstützen», so Parteipräsident Denis von Sury. Die CVP hat mit Stefan Brugger und Interims-Gemeindepräsidentin Béatrix von Sury bereits zwei profilierte Personen im Gemeinderat.


Köpfe, nicht Parteien, werden gewählt

Im bürgerlichen Lager erhofft man sich, zumindest einen zusätzlichen Sitz zu gewinnen, betont aber auch: «Im Gemeinderat spielen Köpfe, nicht die Parteien eine zentrale Rolle. Es ist eine Personenwahl», sagt stellvertretend FDP-Präsidentin Gerda Massüger. Die Freisinnigen haben mit Klaus Endress und Melchior Buchs bereits zwei Vertreter in der Exekutive. Einen weiteren FDP-Sitz möchte Massüger zu diesem Zeitpunkt nicht ausschliessen: «Wir haben kompetente Leute. Warum nicht einen dritten Gemeinderat, wenn es der Gemeinde dient?», so Massüger. Möglich sei aber auch, dass sich die FDP für bürgerliche Kandidaten ausserhalb ihrer Partei stark mache, sofern sie denn als geeignet erscheinen.
Die nicht im Gemeinderat einsitzende BDP sieht die ausserordentliche Gemeinderatswahl als «Chance – dies vor allem, da die etablierten Parteien ein Glaubwürdigkeitsproblem haben», so Parteipräsidentin und ehemalige Einwohnerrätin Marie-Therese Müller. Und weiter: «Eine allfällige BDP-Kandidatur wird noch evaluiert.» Man werde sich mit den anderen Parteien absprechen, ob die BDP jetzt oder erst bei den regulären Wahlen 2020 antreten wird. Dabei wäre die Partei sehr wohl in der Lage, Leute mit Format ins Rennen zu schicken – Marie-Therese Müller selbst, die nicht nur Parteipräsidentin, sondern auch Landrätin ist. Oder auch die Einwohnerrätin und Schulratspräsidentin Doris Vögeli.


Mit wem kommt die SVP?

Die SVP – insbesondere Parteipräsidentin Caroline Mall – hat im Laufe der Asyl-Affäre den Gemeinderat wiederholt scharf angegriffen. Ob Mall nun selbst ins Wahlrennen steigt oder die Partei einen anderen Kandidaten – oder sogar zwei – aufstellt, darüber herrscht noch Stillschweigen. Fakt ist: «Die SVP wird bei den Wahlen am 26. November antreten», lässt Mall knapp verlauten.
Aufgrund verschiedener Aussagen gegenüber dem «Wochenblatt» wird deutlich, dass man in bürgerlichen Kreisen durchaus offen für eine SVP-Kandidatur ist, solange die Person mehrheitsfähig ist. Einen soliden Ruf über die Parteigrenzen hinweg geniesst etwa Fraktionspräsident Adrian Billerbeck, der für seine druckreifen Voten im Einwohnerrat bekannt ist.

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