Die Kunst des Innehaltens

«Kultur in Reinach» präsentiert ab dem 26. Mai «Haltestelle Kunst», eine Doppelausstellung von Barbara Frommherz und Florence Rometsch. Beide Künstlerinnen nehmen Alltägliches auf und verfremden es.

Doppelausstellung: Florence Rometsch und Barbara Frommherz (v. l.) vor dem Bild «Wie viel Absichtslosigkeit verträgt die Leichtigkeit».  Foto: Thomas Brunnschweiler
Doppelausstellung: Florence Rometsch und Barbara Frommherz (v. l.) vor dem Bild «Wie viel Absichtslosigkeit verträgt die Leichtigkeit». Foto: Thomas Brunnschweiler

Haltestellen sind Orte des Wartens. Sie zwingen uns, für einmal innezuhalten. Sie ringen uns Geduld ab und fordern uns auf, das eigene Innere zu erdulden – sofern wir uns nicht gleich wieder ins Smartphone flüchten. Auch Kunst hat mit Innehalten und Geduld zu tun. Es gibt Menschen, die im Museum stundenlang vor nur einem Bild sitzen und es auf sich wirken lassen. Der Gedanke des Innehaltens hat auch die beiden Künstlerinnen Barbara Frommherz und Florence Rometsch zum Titel der Ausstellung geführt, die in der Galerie Gemeindehaus und in der Galerie Werkstatt gezeigt wird. Diese von Carmen Küpfer kuratierte Doppelschau lohnt einen Besuch, da sie zwei regionale Künstlerinnen zusammenbringt, die 2014 in Basel schon einmal erfolgreich gemeinsam ausgestellt haben.


Verblüffende Realitätsnähe


Die Keramikerin Florence Rometsch hat ein Gespür für das Material Ton. «Ich probiere aus, was mit gebranntem Ton alles möglich ist», sagt sie, «ich bin spontan und weiss jeweils nicht, was herauskommt.» Normalerweise sei sie eher ungeduldig, aber beim Arbeiten sei das nicht so. Faszinierend sind ihre Schuhe aus gebranntem Ton, die so echt aussehen, als hätten sich aus ihnen gerade erst Frauenfüsse geschält. Entweder sind sie bemalt oder aber mit stachelartigen Spitzen überzogen, die etwas Urweltliches ausstrahlen. Auch die Gefässe wirken in ihrer formalen und farblichen Reduktion archaisch. Ein Stapel Hemden verblüfft ebenso wie ein Haufen von Turnschuhen. Aus einem geheimnisvollen schwarzen Turm von Doppelboxen lugen die nackten Hinterteile von Männern, als wollten sie den Betrachtenden zurufen: «Erlöst uns aus unseren Rollenbildern!» Einige der Arbeiten sind stark von der Bildsprache der Aborigines beeinflusst. Florence Rometsch hielt sich mehrmals für längere Zeit in Australien auf.


«Verstand raus – Kreativität rein»

Barbara Frommherz ist in Reinach keine Unbekannte. Ihre Bilder, die von fotografischen Vorlagen ausgehen, haben urbane, alltägliche Motive. Oft sind es Figuren, welche die Künstlerin im Blickfeld hat. Sie bearbeitet Fotografien mit Acryl, Collagetechnik und Öl. Ihr Credo lautet: «Verstand raus – Kreativität rein». Trotz Verfremdung, Reduktion und dem Fragmentarischen haben ihre Arbeiten stets eine innere Balance. Ihre neuen Kaleidoskopbilder, die das Fotografische fast vergessen lassen, zeigen eine neue Dimension in Frommherz’ Schaffen. Auch die subtilen Transfer-
lithografien, welche die Künstlerin speziell für die Ausstellung und in Anlehnung an die beige Ton-Farbe geschaffen hat, verdienen besondere Beachtung.

 

«Haltestelle Kunst», Galerie Gemeindehaus und Galerie Werkstatt, 26. Mai bis 25. Juni 2017. Vernissage: Freitag 26. Mai 2017, 19.30 Uhr im Lichthof des Gemeindehauses. Öffnungszeiten Gemeindehaus: Mo/Di/Do 8.30–12 und 14–17 Uhr; Mi 8.30–12 und 14–18.30 Uhr; Fr 9.30–12 und 14–16 Uhr. Galerie Werkstatt: Do 19–20.30 Uhr; Sa/So 14–16 Uhr (Künstlerinnen anwesend).

Weitere Artikel zu «Reinach», die sie interessieren könnten

Reinach24.04.2024

Auf Tour mit «Glo-Bi»

Das Duo Adrian Billerbeck und Dominique Gloor lädt Reinacherinnen und Reinacher im Rahmen des Jubiläumsjahres zu einem unterhaltsamen Dorfrundgang ein.…
Reinach24.04.2024

Selbsthilfe für das Leben mit Brustkrebs

Die Reinacherin Barbara Kundert hat den Verein Tavola Rosa Basel für Frauen mit Brustkrebs gegründet. Letztes Jahr wurde er mit dem Freiwilligenpreis…
Reinach17.04.2024

Endress + Hauser weiter auf Wachstumskurs

Der Messtechnikkonzern mit Hauptsitz in Reinach konnte im vergangenen Jahr trotz glo­baler Un­sicherheiten den Umsatz weiter steigern.