Fall Eghbali: Anzeigen wegen Amtsgeheimnisverletzung erstattet

Die Vorfälle im Reinacher Asylheim und die Freistellung der Asylbetreuerin Farideh Eghbali überschatteten auch die jüngste Einwohnerratssitzung.

Es war eine spezielle Parlamentssitzung an diesem Montagabend. Die Geschehnisse rund um die gekündigte Asylbetreuerin und SP-Einwohnerrätin Farideh Eghbali brannten vielen Anwesenden unter den Nägeln. Hinzu kam, dass sämtliche beteiligten Parteien anwesend waren – auch die «Basler Zeitung».

Das Blatt erhebt seit Februar 2017 in einer Serie von Artikeln – der zeichnende Journalist war im Saal – gegenüber Reinach und namentlich dem Gemeindepräsidenten Urs Hintermann (SP) schwere Vorwürfe. Missstände im Reinacher Asylheim – so wurde auch der Fall einer sexuellen Beziehung zwischen einer ehemaligen Betreuerin mit einem minderjährigen Asylsuchenden geschildert – seien mit Absicht vertuscht worden. Weil Asylbetreuerin Farideh Egh-bali wiederholt auf diese Missstände hinwies, sei sie erst abgemahnt, schliesslich freigestellt worden. Die «Basler Zeitung» stützt sich in ihrer Berichterstattung auf interne Dokumente.


Zerüttetes Vertrauensverhältnis

Die Gemeinde wehrte sich bereits letzten Mittwochnachmittag in einer breit angelegten Medienkonferenz. Weder Gemeinderat noch Verwaltungsleitung hätten je versucht, etwas zu verheimlichen. Frühzeitig sei der Kantonspolizei eine vollständige Dokumentation der Vorfälle geliefert worden. Die Staatsanwaltschaft ist inzwischen zum Schluss gekommen, dass seitens Gemeindebehörden kein Fehlverhalten vorliege.

Zur Freistellung der Asylbetreuerin Farideh Eghbali hingegen hätte ein gestörtes Vertrauensverhältnis und das wiederholte Nichteinhalten von Vereinbarungen geführt. Sie habe Kritik bei nachgewiesenen Fehlern nicht akzeptiert und sich in die Arbeit anderer eingemischt. Das Fass zum Überlaufen brachte schliesslich ein Artikel in der «Basler Zeitung», worin Eghbalis Anwalt Erwin Frei – auch er SP-Einwohnerrat – mit drastischen Worten zitiert wurde: Von «diktatorischen und persönlichkeitsverletzenden Arbeitsverhältnissen in der Gemeindeverwaltung Reinach» war die Rede.


Leck in der GRPK?

Erwin Frei ergriff am Montag unter «Diverses» das Wort: «Ich habe nie mit irgendeinem Medienvertreter gesprochen. Diese Worte stammen alle aus streng vertraulichen Dokumenten, die ich nur den Mitgliedern der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission, GRPK, übergeben habe. Ich habe sofort Anzeige gegen unbekannt wegen Amtsgeheimnisverletzung erstattet.»

Gleiches tat auch SVP-Einwohnerrat Paul Wenger. «Für mich ist es als Politiker nicht tolerierbar, dass Informationen und Dokumente aus laufenden Kommissionsberatungen an die Öffentlichkeit gelangen», sagte Wenger am Montag und gab gleichzeitig seinen Rücktritt als GRPK-Präsident per Ende April bekannt. «Aus persönlichen Gründen, die nichts mit diesem Fall zu tun haben», betonte er. Die Vizepräsidentin der Kommission, Barbara Wyttenbach (BDP), zeigte sich ebenso betroffen und hofft, dass der Fall bald aufgeklärt wird.

Dasselbe wünscht sich Caroline Mall (SVP), die am Montag gerne eine dringliche Interpellation zu den Vorgängen eingereicht hätte. Sie verzichtete allerdings mangels Unterstützung der anderen Fraktionen darauf. Mall kündigte aber an, dass die SVP-Fraktion zu einem späteren Zeitpunkt eine Interpellation einreichen werde: «Wir werden darauf beharren, dass die Wahrheit ans Licht kommt.» Der Fall dürfte die Gemeinde also noch eine Weile beschäftigen.


Easyvote und Bäume

Weiteres Thema war am vergangenen Montag Easyvote – eine Wahlhilfe für stimmberechtigte Jugendliche und junge Erwachsene. Wahlunterlagen sollen demnach in einer Sprache verfasst werden, die für Jugendliche und junge Erwachsene leichter verständlich ist. Bei einem Pilotversuch in Allschwil zeigte sich, dass Junge aufgrund der EasyvoteBroschüren häufiger an Abstimmungen und Wahlen teilgenommen hätten. Der Gemeinderat prüft nun, ob in Reinach ein zweijähriges Pilotprojekt mit Easyvote durchgeführt werden kann.

Ebenso für Diskussionsstoff sorgte ein Postulat, das Regelungen für die Fällung alter gesunder Bäume beabsichtigt. Gerade im Zuge der verdichteten Bauweise würden oft alte Bäume, die ein Quartier charakteristisch prägen, gefällt. Das Postulat wurde dem Gemeinderat zur Prüfung übergeben.

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