Was tun mit den Migranten?

An den Reinacher Gesprächen diskutierten Gemeindepolitiker und Experten über Möglichkeiten und Grenzen der Integration von Asylsuchenden. Ein besonderes Augenmerk galt den unbegleiteten minderjährigen Migranten.

Brennendes Thema, viel Publikum: Münchensteins Gemeinderätin Heidi Frei referiert.  Foto: ZVG
Brennendes Thema, viel Publikum: Münchensteins Gemeinderätin Heidi Frei referiert. Foto: ZVG

Oliver Sterchi

Es gibt zurzeit wohl kaum ein Thema, das die europäische Öffentlichkeit so sehr beschäftigt wie die Migration. Letztes Jahr stellten über eine Million Menschen einen Asylantrag in Europa, vorwiegend in Deutschland. Auch die Schweiz ist von dieser Entwicklung betroffen. Im Rekordjahr 2015 gingen hierzulande über 40 000 Asylgesuche ein. Die Organisatoren der Reinacher Gespräche griffen die Aktualität der Thematik auf und widmeten die diesjährige Ausgabe der Frage nach der Integration der Asylsuchenden in den Gemeinden. Am vergangenen Donnerstag referierten Gemeindepolitiker und Experten im vollbesetzten Gemeindesaal über die Möglichkeiten und Grenzen der Integration.

Der Reinacher Gemeindepräsident Urs Hintermann bemängelte in seiner Begrüssungsansprache den Umstand, dass in der Schweiz vor allem über Höchstzahlen und Kontingente für Asylsuchende gestritten wird. Dabei liege das Problem ganz woanders: «Die Aufnahme von Flüchtlingen ist ein logistisches Problem, das die wohlhabende Schweiz gut meistern kann. Die wahre Herausforderung beginnt bei der Integration der Ankommenden. Hier gibt es noch wesentlich Verbesserungspotenzial», sagte Hintermann.

Mehrzahl aus Eritrea

Das Auftaktreferat bestritt Beat Meyer vom Baselbieter Amt für Migration. Der Asylexperte skizzierte kurz den Ablauf eines Asylverfahrens in der Schweiz und präsentierte einige Zahlen zur Situation im Baselbiet: So sind von den 61 000 Ausländern im Kanton gerade mal 2000 Personen als Asylsuchende registriert, was weniger als einem Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Die meisten kommen aus Eritrea, Afghanistan und Syrien.

Meyer betonte, dass immer mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – sogenannte UMAs – in die Schweiz kämen. Diese benötigten besonderen Schutz und würden im Asylverfahren privilegiert behandelt. Meyer führte die Ursachen für die Zunahme von solchen Gesuchen auf den Umstand zurück, dass eine Überfahrt nach Europa viel Geld koste und Familien daher bevorzugt junge Männer auf die Reise schickten, in der Hoffnung, dass diese in der Fremde eine Arbeit finden und Geld nach Hause senden.

Ungenügende Sprachkenntnisse

Mit dem Verweis auf die vielen Gesuche aus Eritrea schlug Meyer die Brücke zum nächsten Referat. Heidi Frei, Gemeinderätin aus Münchenstein, stellte den Anwesenden das Integrationsprogramm «Lookout» vor, das die Gemeinde gezielt für Asylsuchende aus dem ostafrikanischen Land entwickelt hat. In Zusammenarbeit mit einer spezialisierten Firma für Arbeitsintegration führt Münchenstein für die eritreischen Asylsuchende ein vierwöchiges Coaching durch, wobei den Migranten ein Dolmetscher in der Landessprache Tigrinya zur Seite steht. Ziel des Programmes sei es, für jeden Einzelnen spezifisch zugeschnittene Integrationsmassnahmen zu definieren, sagte Frei.

Beat Loosli, Leiter Soziales und Gesundheit der Gemeinde Reinach, betonte in seinem Vortrag die Wichtigkeit des frühzeitigen Spracherwerbs durch neu ankommende Asylsuchende. «Hier zeigen sich auch die Grenzen der Integration. Viele Personen können die deutsche Sprache nur ungenügend erlernen, da sie sogar ihre Muttersprache nicht einwandfrei beherrschen», sagte Loosli. Das wiederum schlage sich auf die oftmals ohnehin schon geringe Berufsqualifikation der Migranten aus Krisenländern nieder. Trotz aller Herausforderungen waren sich die Referenten einig, dass die Integration gelingen werde, wenn beide Seiten sich bemühten und aufeinander zugingen.

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