Fasnacht bleibt wild: Einwohnerrat tilgt Deklarationspflicht und Wurfverbot

Eine neue Lex Fasnacht hätte den Waggis und Värslibrinzlern das Leben schwer gemacht – doch dem Einwohnerrat gingen die Verbote im neuen Polizei-Reglement zu weit: Er tilgte sie kurzerhand.

«Das Werfen von festen Gegenständen ist verboten»: Dieser Fasnachts-Passus im Polizeireglement wurde gestrichen.
«Das Werfen von festen Gegenständen ist verboten»: Dieser Fasnachts-Passus im Polizeireglement wurde gestrichen.

Einem aufmerksamen Einwohnerrat kam ein Paragraf im revidierten Reinacher Polizei-Reglement seltsam vor. Markus Huber (SP-Fraktion) verlangte, dass zwei Abschnitte wieder gestrichen werden. Er hatte damit Erfolg – und verhinderte so, dass Reinacher Fasnächtler in Zukunft einen Maulkorb fürchten müssen. Und Waggis keine Däfeli mehr werfen dürfen.
Das war am Montagabend, als das Reinacher Orts-Parlament den Bericht zum neuen Regelwerk behandelte. Für Diskussionen sorgte vor allem der eine der beiden Abschnitte. Er lautete: «Fasnachtszettel, Laternentexte, Schnitzelbänke und dergleichen (…) müssen deutlich den Namen der Clique und der Druckerei enthalten.» Mit dieser Regelung hätte ins Bewusstsein gerufen werden sollen, begründete der Gemeinderat im Bericht die neue Vorschrift, «dass auch während der Fasnacht gewisse Grenzen nicht überschritten werden dürfen». So dürften die genannten Schriftstücke nicht ehrverletzend sein.
Mit der Quellenangabe wäre die Wahrscheinlichkeit höher, liess der Gemeinderat im Bericht verlauten, bei Verstössen den jeweiligen Verfasser von ehrverletzenden Äusserungen zu identifizieren: «Konkret: in dem die Polizei die Druckerei anfragt.»
Die neue Vorschrift im anderen Absatz widmete sich möglichen Beeinträchtigungen physischer Art, die an der Fasnacht lauern: «Das Werfen von fes-ten und gesundheitsschädlichen Gegenständen sowie das Verspritzen von flüssigen Stoffen sind verboten», hiess es da. Ob unter diese Bestimmungen auch Täfeli gefallen wären – durchaus feste Objekte –, oder aber solche von eher halb-flüssiger Natur wie Orangen, darüber lieferten die Erläuterungen des Gemeinderats keine weiteren Anhaltspunkte. Jedenfalls hätten Waggis mit der Interpretation dieser Vorschrift wohl ihre liebe Mühe gehabt. Die Gemeindepolizei sicherlich auch.
Klartext sprachen die Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte: Ihnen gingen Deklarationspflicht und Wurfverbot zu weit – fast einstimmig folgte das Orts-Parlament dem Antrag von Markus Huber und tilgte sie.


«Müssen das ertragen»

An der Fasnacht würde schon gespottet, sagte Huber in der Diskussion. «Aber das muss eine Amtsperson einfach erdulden.» Adrian Billerbeck von der SVP-Fraktion ergänzte, die Fasnacht sei ein Kulturgut, das frei bleiben solle. «Wenn wir es aber einschränken», sagte Billerbeck, «dann müssen wir auch andere Kulturtätigkeiten zensieren, wenn diese ehrverletzend sind.»
Billerbeck erwähnte unter anderem die Performance vom März am Theater Neumarkt in Zürich, in der «Weltwoche»-Chefredaktor und SVP-Nationalrat Roger Köppel der «Nazi» hätte ausgetrieben werden sollen.


Drohnen die Flügel gestutzt

Auch andere Punkte im revidierten Polizei-Gesetz änderte das Orts-Parlament. Einen betrifft Drohnen. In Zukunft wird es in Reinach nicht mehr erlaubt sein, mit Modell-Fluggeräten frei über öffentlichen Grund zu fliegen – abheben ist, zumindest im Siedlungsgebiet, nur noch innerhalb der Luftsäule über privatem Grund erlaubt. Dem Einwohnerrat ging das zu wenig weit. Zusätzlich wurde beschlossen, dass das Fliegen nur bei Tageslicht erlaubt sein dürfe; im Sommer ist spätestens um 20 Uhr Schluss. Die Flugzeiten gestalten sich somit wie folgt: 7 bis 12 sowie 13 bis maximal 20 Uhr.
Liberaler war der Rat bei der Nachtruhe: Er akzeptiert deren Verkürzung um eine Stunde. So tritt sie künftig erst um 23 Uhr in Kraft statt um 22 Uhr wie bisher. Der Kanton muss das revidierte Polizei-Reglement nun noch absegnen.


Quartierpläne überwiesen

An der Einwohnerratssitzung überwies der Einwohnerrat auch drei Quartierplanungen an die Sachkommission Bau, Umwelt und Mobilität. Es handelt sich um die Quartierpläne Stockacker, Oerin und Jupiterstrasse. Sie sehen in Reinach Nord mehr als ein Dutzend Gebäude mit rund 300 Wohneinheiten vor, darunter auch zwei 8-stöckige Hochhäuser. Im Rat wurden vor allem Befürchtungen vor Mehrverkehr geäussert.

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