Fragen nach Inhalt und Problemlösungen anstatt Wahltaktik

Um junge Menschen an die Urne zu locken, brauche es mehr als ein lächelndes Gesicht von der Plakatwand mit einer Parteibezeichnung, gaben die Schüler den Politikern an der Podiumsveranstaltung im Bildungszentrum Reinach mit auf den Weg.

Nicht Unlust an der Politik, aber zu wenig überzeugt von Politikern: «Obwohl die Plakate nerven, halten die Nationalratskandidaten an dieser Werbemassnahme fest», monierten die Schüler vom Bildungszentrum Reinach an
Nicht Unlust an der Politik, aber zu wenig überzeugt von Politikern: «Obwohl die Plakate nerven, halten die Nationalratskandidaten an dieser Werbemassnahme fest», monierten die Schüler vom Bildungszentrum Reinach an

Bea Asper

Es sei überhaupt nicht so, dass junge Menschen kein Interesse haben am National- und Weltgeschehen. Die Absenz an der Urne hat ganz andere Ursachen. «Politik interessiert uns, doch die Politiker erreichen uns nicht», das war die deutliche Botschaft der Schülerinnen und Schüler der Wirtschaftsmittelschule in Reinach an einem Podium mit Nationalratskandidaten. Aufmerksam verfolgten die jungen Erwachsenen die Streitgespräche zwischen den Kandidatinnen und Kandidaten von Juso, CVP, Grüne und SVP und suchten im zweiten Teil der Veranstaltung letzten Donnerstag im Bildungszentrum Reinach den Austausch mit den Politikern.

Von diesen wollten sie wissen, ob sie selber dran glauben, mit ihren Köpfen auf den Plakaten an den Lampenpfosten Stimmberechtigte zum Wählen zu motivieren? «Mit einem Gesicht und einer Parteibezeichnung kann ich nichts anfangen, ich will Lösungsvorschläge», sagte ein Klassensprecher. Esther Maag von den Grünen stellte sich auf den Standpunkt, dass man mit Plakataktionen bei geringen Kosten viele Personen erreichen könne und Parteien mit wenig Geld darauf angewiesen seien. Patrick Schläfli von der SVP betonte, er und seine Parteikollegen legten Wert darauf, Aussagen zu machen. Julia Bumgartner von der Juso gab den Schülerinnen und Schülern recht: «Die Plakataktionen könnte man sein lassen.» Sie nutze lieber die Medien in der virtuellen Welt – und dort den Austausch mit andern Menschen zur Erarbeitung von Lösungen.

Bildung fördern
Dass sich ihre Ansichten zur Flüchtlingspolitik und dem Verkehr deutlich unterscheiden vom SVP-Vertreter Patrick Schläfli, zeigte sich durch Aussagen wie «Wir haben das Glück, das es uns gut geht, also können wir Menschen in Not helfen». Schläfli hingegen warnte vor Missbrauch und falschen Signalen. Hilfe zur Selbsthilfe vor Ort, das sei das Richtige. «Warum», wollte Esther Maag wissen, «spart die SVP dann immer bei der Entwicklungshilfe?» Schläfli entgegnete, dass die SVP in diesem Bereich wie auch bei der Bildung nicht spare, sondern lediglich Leerläufe beseitige. «Mit Bildung», gaben alle zur Antwort auf die Frage eines Schülers, wie sich die Kandidaten in Bern dafür einsetzen wollen, Menschen, die keinen guten Start hatten und weniger gut qualifiziert sind, davor zu bewahren, ein Leben lang von der Sozialhilfe abhängig zu sein.

Beim Verkehr will Schläfli auf den Ausbau des Strassennetzes setzen, während die Vertreterinnen der Grünen und der Juso, aber auch Beatrice von Sury d’Aspremont von der CVP, weiterhin beim öV und Velo grosses Potenzial erkennen und als Lösungen gegen Transitlastwagen und den Stau im Raum Basel Lenkungsabgaben für prüfenswert halten.

Schläfli hält Gebühren für Strassen sowie das Entfernen von Parkplätzen für sozial ungerecht. «Dass das Erreichen der Stadt mit dem Auto davon abhängt, ob man es sich leisten kann, ist für die Schweiz kein gangbarer Weg.» Schon fast überfordert zeigten sich die Schülerinnen und Schüler von Maags Idee, alle Drogen zu legalisieren als Massnahme gegen die Kriminalität und ihre Folgeerscheinungen. «Diese Verantwortung darf man jungen Menschen, die doch gerne mal ausprobieren, nicht zuschieben», gab ein Schüler zu bedenken.

Politik lebendig zu gestalten und für die Schüler fassbar zu machen, ist das erklärte Ziel der Lehrkräfte am Bildungszentrum. Deswegen investieren sie Unterrichtsstunden in Podien, in Ausflüge zur Neat, in die Politsendung Arena und nach Strasbourg zum Europaparlament, wo man aber nicht nur hin- und zuschaut, sondern an Treffen mit Politikern bewusst den Austausch sucht, wie Michael Goy, Fachvorsteher Geschichte und Politik, gegenüber dem «Wochenblatt» sagte. Dass die jungen Menschen mit Interesse dabei sind, kann Lehrerin Rahel Hufschmid bestätigen. Doch wenn Wählerinnen und Wähler auf der Suche nach Lösungen und Antworten seien, führten Wahltaktiererei oder komplizierte Vorlagen nur zu Polit-Verdrossenheit.

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